Schilde, Schwerter, Schweißarbeit

Flenos Schergen betreiben seit 2013 mittelalterlichen Kampfsport in Flensburg. Sie legen dabei Wert auf Authentizität, besonders aber auf Spaß an der Sache.(Fotos: Lars Salomonsen)

Flensburg. Das Rasseln von Kettenhemden und das klirrende Scheppern von Metall das auf Metall schlägt, erfüllen den Kellerraum der Idrætshallen.
»Denkt an eure Beinarbeit«, ruft Ernst-Günter Andresen und blickt aufmerksam auf zwei Schwertkämpfer, die sich vor ihm in voller Rüstung duellieren.
Die Mitglieder der mittelalterlichen Schwertkampf-Truppe von Flenos Schergen sind bei ihrem wöchentlichen Training.
Andresen, der den Verein 2013 ins Leben gerufen hat, ist nicht nur Vorsitzender der Schergen, sondern hat nach mehreren Schwertkampfkursen und dem Durcharbeiten mittelalterlicher Bücher auch ein Trainingskonzept aufgebaut.
Nach dem Konditionstraining geht es an die Technik, anschließend wir gekämpft. »Das ist Hochleistungssport«, betont Andresen.
So kann die Schutzkleidung, die während des Kampfes getragen wird, inklusive Kettenhemd, Handschuhen und Helm, gut und gerne 30 Kilo und mehr wiegen. Sich darin in der erforderlichen Geschwindigkeit zu bewegen, um die Hiebe des Gegners zu parieren und gleichzeitig selber welche auszuführen, kann daher ganz schön schweißtreibend sein.

Liebe zum Detail

Die Schwerter, mit denen gekämpft wird, gleichen originalgetreuen, historischen Vorgaben. Allesamt Maßanfertigungen eines Schwertschmieds aus Tschechien und mehrere hundert Euro teuer. Die Rüstungen und authentischen Gewandungen werden ebenfalls meist von Hand gefertigt. »Mein Kettenhemd habe ich beispielsweise aus knapp 145.000 Eisenringen selbst hergestellt. Das hat zwei Jahre gedauert«, erzählt Andresen.
Sogar die Kampftechniken, nach denen die Flensburger Schwertkämpfer ihre Angriffe und Paraden trainieren, sind historisch belegt.
Sie stammen aus den Aufzeichnungen des Schwertkampf-Meisters Hans Talhoffer aus dem 15. Jahrhundert.
»Alle Schritte müssen instinktiv geschehen. Ein Schwertkämpfer muss die Technik zu jedem Zeitpunkt beherrschen«, sagt der Trainer.
»Wer denkt, verliert. Was nicht heißt, dass man unbedacht handelt«, ergänzt er. Beherrsche man die Technik, könne man es auch mit wesentlich größeren und kräftigeren Gegnern aufnehmen. »Auch Frauen können problemlos gegen Männer gewinnen, wenn sie technisch besser sind. Selbst wenn sie eigentlich körperlich unterlegen wären«, weiß Andresen.

Sicherheit geht vor

Um eine höhere Lebenserwartung als ihre historischen Vorbilder zu gewährleisten, halten sich Flenos Schergen beim Kämpfen an genaue Sicherheitsregeln und kämpfen stets konzentriert und diszipliniert.
»Wenn wir mit unseren Schwertern voll durchziehen würden, wäre der Kopf ab«, sagt Andresen trocken.
Andernorts gäbe es auch Schwertkampfgruppen, die mit Vollkontakt kämpfen, das heißt in voller Rüstung und ohne wirkliche Gnade, berichtet der Vorsitzende des Vereins. »Da fließt auch regelmäßig Blut, oder es brechen Knochen. So etwas machen wir nicht mit, uns geht es um den Spaß an der Sache«, sagt Andresen.

Wie vor 1000 Jahren

Im Sommer führen Flenos Schergen ihr Können auf verschiedenen Mittelalterlagern vor. Hier kämpfen sie nicht nur, sondern geben darüber hinaus auch Einblicke in das mittelalterliche Alltagsleben.
Für mehrere Tage leben sie dann so, als würde die Welt außerhalb des Lagers nicht exisieren. Keine Handys, kein Facebook, keine Uhren und keine Fertiggerichte.
Statt Spaghetti Bolognese gibt es auch mal Rehrücken. Gekocht wird über dem Feuer, geschlafen auf Fellen unter selbstgemachten Decken und in Zelten.
Vor 1000 Jahren war das alles normal. Und für Flenos Schergen ist es das mittlerweile auch.
»Im Mittelalter könnten wir ohne Probleme überleben«, sagt Andresen.


Lennart Adam