EM 2020
Norwegen mit großem Schritt im Welthandball
Sander Sagosen und Flensburgs Magnus Rød (am Boden) rangen die Franzosen nieder. Foto: dpa
Trondheim. Die Freude war riesig bei allen Beteiligten. Während Frankreichs Nationalteam wie geprügelte Hunde durch die Mixedzone marschierte, Vincent Gerard in Streit mit einem Journalisten geriert und Trainer Didier Dinart entgeistert ins Leere blickte, feierten die Norweger eine große Wikinger-Party. Christian Berge sprang bereits Sekunden vor Ende des 28:26-Sieges wie ein kleiner Schuljunge an der Seitenlinie auf und ab und seine Spieler kamen aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.
»Wir waren immer der kleine Bruder. Durften froh sein in Testspsielen gegen Frankreich mitzumachen, haben dann aber bei EM oder gerade im WM-Finale 2017 immer gegen die Franzosen immer verloren. Jetzt haben wir es mal umgedreht«, sagte Magnus Rød stolz.
»Das war perfekt heute, die Stimmung und das Ergebnis. Es war eines der schönste Länderspiele bei dem ich dabei war«, fand sein Vereinskollege von der SG Flensburg-Handewitt, Torbjørn Bergerud.
»Endlich haben wir die Franzosen mal besiegt, wir waren immer dicht dran, heute hat es funktioniert«, jubelte auch Gøran Johannessen.
Wie schon im
Auftaktspiel gegen Bosnien-Herzegowina ließ Norwegens Coach Christian Berge drei seiner vier Flensburger Jungs beginnen. Torbjørn Bergerud stand im Tor und Magnus Jøndal sowie Magnus Rød auf dem Feld.
Vor allem Bergerud zeigte eine starke Leistung von Anfang an. Dazu war Jøndal sicher im Abschluss, auch als Siebenmeterschütze. Rød wurde in der 18. Minute durch Harald Reinkind ersetzt und bekam eine Pause. Bis dahin hatten sich die Gastgeber eine Drei-Tore-Führung erarbeitet (6:3/13. und 8:5/17.). Zur Pause lagen allerdings die Franzosen mit 15:14 vorne. Frankreich, bei dieser EM ohne den verletzten Ex-Flensburger Kentin Mahé angereist, spielte deutlich besser als bei der überraschenden 25:28-Auftaktniederlage gegen Portugal.
Jøndal war es, der seine Nordmänner beim 20:19 (39.) im zweiten Durchgang erstmals wieder in Führung brachte. Kurz darauf scheiterte er allerdings mit einem Siebenmeter und dem anschließenden Nachwurf an Vincent Gerard sowie dem Pfosten. Es stand 20:20 (41.) und blieb spannend.
Wieder hieß der Torschütze Jøndal,
Norwegen ging mit 22:21 in Führung. Bergerud hielt in dieser Phase besonders gut, kaufte Karabatic und Co. einige freie Torchancen ab.
»Ich bin heute besser rein gekommen als gegen Bosnien, aber die Abwehr hat mir auch super geholfen«, sagte der SG-Keeper hinterher und freute sich. Nicht so sehr darüber, dass sein Team die Franzosen aus dem Turnier geworfen hatte und damit einen »großen Schritt in die richtige Richtung« auf dem Weg zum möglichen ersten Titelgewinn gemachte hatte. Es ging ihm viel mehr um den Sieg an sich, alles andere sei »noch viel zu früh im Turnier.«
Satt sind Bergerud und Co. aber noch lange nicht, »Wir sind noch nicht fertig und wollen unbedingt auch gegen Portugal gewinnen, um zwei Punkte mit in die Hauptrunde zu nehmen«, sagte er abschließend.
Norwegen trifft am Dienstag (20.30 Uhr) auf die Portugiesen. Frankreich hingegen ist ausgeschieden und die Niederlage gegen Norwegen sah irgendwie aus wie ein Machtwechsel. Der alternde Star von einst, Nikola Karabatic musste mit seinem Team das Feld für den neuen Superstar des Welthandballs, Sander Sagosen und seine Norweger überlassen.
»Ich finde Sander ist derzeit der weltbeste Handballer«, adelte Rød seinen Teamkollegen und sprach damit aus, was zuvor 8500 Besucher in der ausverkauften Halle sehen konnten.
»Die Stimmung war super, die Fans sind diesmal viel mehr mitgegangen als beim ersten Spiel, auch das hat uns geholfen«, lobte Bergerud seine Landsleute, die diesmal eine Atmosphäre verbreiteten, wie bei einer Biathlon-WM am Holmenkollen.
Ruwen Möller
Mehr zur EM am Montag in der Flensborg Avis.