EM 2020

Historische Chance genutzt

Jubel über den ersten EM-Sieg der Geschichte der Niederlande. Foto: Robert Michael/dpa

Trondheim. Gespielt, getroffen und gewonnen. Besser hätte es für Niels Versteijnen und die Niederlande beim zweiten EM-Auftritt am Sonnabend nicht laufen können. Mit 32:24 wurde Lettland bezwungen, der erste Sieg bei einer Europameisterschaft überhaupt eingefahren und sogar die Chance auf die Hauptrunde gewahrt. Entsprechend freudestrahlend marschierte Versteijnen kurz nach Spielende durch die Mixedzone im Bauch der Arena in Trondheim.

»Das war fast perfekt. Meine Quote hätte noch besser sein können, aber wir haben gewonnen. Für uns ist das die Hauptsache und wir haben heute wieder zugelegt. Diesmal waren es 50 gute Minuten. Jetzt fehlen nur noch zehn bis die 60 voll sind. Mit dem Sieg haben wir unser großes Ziel, ein Spiel zu gewinnen, aber schon erreicht.«
Die beiden ehemaligen Flensburger, Dani Baijens und Niels Versteijnen saßen bei Spielbeginn auf der Bank. Ihre Landsleute zeigten wie schon gegen Deutschland eine starke erste Hälfte und dominierten das Spiel.
Baijens wurde in der 23. Minute bei einer 11:6-Führung für seine Farben eingewechselt. Er führte sich sofort gut ein und bedientr Jeffrey Boomhouwer, der zum 9:4 (24.) traf. 

Kurz darauf (27.) traf Baijens selber zum 13:9. Nur eine Minute später (14:9) musste er ausgewechselt werden. Bei einem weiteren Torwurf hatte er sich verletzt, wirkte benommen und wurde einige Minuten am Boden liegend behandelt. Sprechchöre aus dem Oranje-Fanblock bauten ihn auf, halfen aber nur bedingt. Weiterspielen konnte er nicht und nahm somit zwei Stühle neben Versteijnens Platz. Nach dem 16:10 und dem Pausenpfiff wirkte er beim Gang in die Kabine immer noch etwas abwesend. Er zeigte immer wieder an seine Stirn und signalisierte den fragenden Teamkollegen, dass er auf den Kopf gefallen war.

»Mir war etwas schwarz vor Augen und ich hatte Kopfschmerzen. Es wurde dann besser, kam aber sofort wieder und jetzt habe ich auch noch etwas Schmerzen«, so Baijens nach Spielende. »Ich hoffe es ist nichts schlimmes.«
Bereits in der Pause war ein eingehend untersucht worden und nach dem Seitenwechsel kehrte er auch wieder in die Halle zurück. Zum Einsatz kam er aber nicht mehr und behielt die ganze Zeit die Trainingsjacke an. Diese zog Versteijnen Mitte des zweiten Durchgangs erstmals aus, machte sich für seine ersten EM-Minuten bereit. Nach genau 46:25 Minuten war es schließlich so weit und er durfte aufs Spielfeld. Im Gegensatz zum Vereinshandball bei der SG Flensburg-Handewitt und sicherlich auch beim VfL Lübeck-Schwartau (Zweitspielrecht seit Januar) allerdings als Rechtsaußen. Dies war von Anfang an der Plan, da die Niederlande mit Bobby Schagen nur einen gelernten Rechtsaußen im Kader haben. Kurz darauf tauchte Versteijne dennoch an seiner angestammten Position im rechten Rückraum auf, zog ab, blieb aber im Block hängen. Sofort gab es das Handzeichen von Spielmacher Luc Steins, ruhiger zu machen. Oder einfach besser, so wie im nächsten Angriff, als Versteijnen das 27:22 (52.) von außen erzielte. Der Treffer war so etwas wie die endgültige Vorentscheidung. Die Niederlande brachten ihren ersten EM-Sieg in der Geschichte sicher nach Hause. Am Montag kann der Turnier-Neuling im letzten Gruppenspiel gegen Spanien ganz befreit aufspielen und möglicherweise noch in die Hauptrunde einziehen. Dies hängt auch vom Ausgang des Abendspiels zwischen dem Titelverteidiger und Deutschland ab.
»Ja, wir können sogar noch weiterkommen, aber wir müssen auch realistisch sein und sagen, dass Spanien wohl der stärkste Gegner der Gruppe ist. Aber wir haben gewonnen und das genießen wir erstmal«, so Versteijnen abschließend.

Ruwen Möller