Ein Däne wird Schiedsrichter

Mit Eisenach war Nicolai Hansen (M) auch Gast in Flensburg, hier ist er in Aktion gegen Johan Jakobsson (r.) und Jim Gottfridsson (l.). (Foto: Bejamin Nolte/dpa)

Flensburg. Fünf Jahre lief Nicolai Hansen für den ThSV Eisenach in der 2. Handball-Bundesliga auf, ehe er in diesem Sommer seine Karriere beendete. Ganz ohne Handball geht es nach 15 Jahren Profisport aber doch nicht. Während viele seiner Kollegen als Trainer Fuß fassen wollen, zieht es den Dänen jedoch an die Pfeife. Im Interview spricht der 35-Jährige über seine Ziele, Träume und Regeln, die er ändern würde.


Nicolai, du willst nach deinem Karriereende Schiedsrichter werden. Was macht für dich einen guten Unparteiischen aus?
Nicolai Hansen: Ich habe in meiner Karriere viele Schiedsrichter erlebt, gute und schlechte. Man kann sich als Schiedsrichter entweder in den Mittelpunkt stellen oder man entscheidet sich, die beiden Mannschaften spielen zu lassen. Die besten Schiedsrichter sind die, die man nicht bemerkt. In welche Richtung sich ein Spiel entwickelt, entscheidet sich in den ersten fünf bis zehn Minuten am Umgang mit den Spielern.

Wie muss man als Unparteiischer aus Spielersicht agieren, um eine Partie in die richtige Richtung zu steuern?
Nicolai Hansen: Nach meiner Erfahrung ist es auf dem Spielfeld wie im Beruf. Wenn man respektvoll mit dem Gegenüber umgeht, bekommt man auch Respekt zurück. So will auch ich auftreten, sollte ich mit der Pfeife in der Hand auf der Platte stehen. Respektvoll, aber auch mit der nötigen Distanz, denn beeinflussen sollte man sich auch nicht lassen. Das ist ganz klar.


Je nach Spielverlauf und Verhalten der Spieler ist das aber nicht immer ganz einfach.
Nicolai Hansen: Absolut. Als Spieler war ich in dieser Hinsicht auch nicht immer das beste Vorbild (lacht). Wenn das Adrenalin kommt, man auf 180 ist und sich unfair behandelt fühlt, dann ist es völlig normal, dass man auch Mal über das Ziel hinausschießt. Dann äußert man sich anders, als beabsichtigt. Man muss die Spieler in solchen Situationen aber verstehen und ich hoffe, dass ich genau das als Schiedsrichter einbringen kann.

Vom Handballprofi zum Schiedsrichter ist ein eher untypischer Weg. Woher kommt dein Wunsch, nach der aktiven Karriere an der Pfeife weiterzumachen?
Nicolai Hansen: Zu meiner Zeit in Dänemark habe ich den Trainerschein gemacht und in diesem Zuge musste man auch einen Schiedsrichterkurs ablegen. Seither wünsche ich mir, nach dem Karriereende Schiedsrichter zu werden. Da warten aber noch viele Herausforderungen, bis es soweit ist. 

Und welche wären das?
Nicolai Hansen: Zu allererst einmal natürlich die Zeit. Als Handballprofi hat man viel Zeit, das ist jetzt nicht mehr der Fall. Ich muss mir jetzt erst einmal eine normale Existenz aufbauen und den Start in den Job schaffen. Wenn dann noch genug Zeit bleibt, will ich so schnell wie möglich loslegen. Am besten noch zur neuen Saison.

Und mit welchen Zielen gehst du deine Pläne an?
Nicolai Hansen: Ich bin Sportler und da will man immer das Maximum. Wie als Handballer auch, will ich so gut wie möglich werden. Ich will dahin, wo es jede Woche zur Sache geht. Wäre mein Ziel Rennfahrer zu werden, würde ich in die Formel 1 wollen. Als Schiedsrichter ist es eben die DKB Handball-Bundesliga. Ganz oben steht für mich das Champions League-Finale. Keine Ahnung ob das überhaupt möglich ist, aber das würde ich gerne einmal pfeifen.

Das wird aber nicht auf Anhieb klappen. Das ist ein weiter Weg.
Nicolai Hansen: Keiner fängt als Präsident an, sondern immer als kleiner Politiker. Daher werde ich erst einmal einen Schiedsrichterkurs besuchen und dann natürlich auch unterklassig pfeifen. Das gehört einfach dazu und Schiedsrichter kann es nie genug geben.

Wird es dir als Schiedsrichter helfen, dass du selbst auf Topniveau gespielt hast?
Nicolai Hansen: Unheimlich viel. Ich spiele seit 24 Jahren Handball, bin seit 15 Jahren Profi. Wenn man da nicht viel Erfahrung sammelt, wie dann? Ich denke ich erkenne Situationen, die man nicht unbedingt sieht, wenn man nicht selbst gespielt hat. Das heißt aber nicht, dass ich besser oder schlechter pfeife als andere. Ich denke nur, dass ich einen anderen Blick auf viele Situationen habe.

Aus deiner Sicht als Spieler: Welche Regel würdest du ändern, wenn du es könntest?
Nicolai Hansen: Ich persönlich bin kein Fan der neuen Passivspielregel. Sechs Pässe kann man innerhalb von nur sechs Sekunden oder auch in 30 Sekunden spielen. Ich fand es besser, als der Schiedsrichter noch entscheiden konnte, ob man torgefährlich ist oder nicht. Sonst bin ich eigentlich ganz zufrieden. Diskussionen über Regelauslegungen gehören eben dazu, das gibt es im Beruf wie im Sport.

Warum schlagen nicht noch mehr ehemalige Spieler diesen Weg ein?
Nicolai Hansen: Das verstehe ich auch nicht. Viele wollen Trainer werden, was dem Leben als Profi natürlich recht nahe kommt. Man hat zum Beispiel weiterhin den täglichen Kontakt zur Mannschaft. Ich würde mir wünschen, dass noch viel mehr Spieler diesen Weg gehen wollen. Es macht Spaß und man erlebt das Spiel aus einer ganz anderen Sicht.

red.