Zehn Jahre Glücksgefühle
Handball
Blut und Wasser geschwitzt
Am 3. Juni 2018 aber ging gar nichts mehr. Ausgerechnet am Triumphtag der SG Flensburg-Handewitt, die zum zweiten Male nach 2004 den Meistertitel an die Flensburger Förde holte. »Ich war krank. Da ging gar nichts. Das musste ich hier im Fernsehen gucken und das war echt schlimm. Ich hab Blut und Wasser geschwitzt. Ich bin 10 Jahre dabei und dann kommt dieser Tag endlich, das war schon echt heftig, weil das Spiel gegen Göppingen so eng war (die SG siegte schließlich 22:21, Red.)«, sagt Marquardt Petersen. Während er früher, als Kind, bei späten Auftritten seiner Handballer mit seinem Vater zeitig zurück nach Hause fuhr, weil das Bett rief, um am nächsten Tag ausgeschlafen in der Schule zu sein, sieht er heute die Spiele bis zum Schluss und genießt die Stunden in der Halle. »Ich bin auch wirklich Fan. Es ist klasse, die Jungs spielen zu sehen. Ich laufe immer rum, weil man so viele bekannte Gesichter trifft und die Leute so lange kennt«, erzählt Marquardt Petersen, dem der Verein viel bedeutet.
Ein Stück Familie
»Für mich ist die SG ein Stück Familie. Weil ich schon so lange dabei bin. Ich habe auch so ein bisschen mein Leben danach abgestellt. Das ich halt immernoch da bin, dass ich hier studiere«, sagt Petersen, der seit drei Jahren in Sønderborg und Flensburg auf Deutsch, Dänisch und Englisch Internationales Management studiert. »Hier ist meine Heimat. Und es ist praktisch, dass ich auch auf Dänisch studiere«, sagt der Musiker, der betont, dass er mit beiden Kulturen aufgewachsen ist und in seiner Brust »zwei herzen« schlagen. Spontan geht er ins Dänische über. »Jeg forstår det godt. Jeg mangler ofte de rigtige ord, men jeg forstår det. Og hvis jeg taler det mere og mere, så går det bedre og bedre«, sagt er und betont dann: »Ich bin froh, dass sich mein Leben so entwickelt hat, dass ich das noch immer machen kann. Cool, dass ich jetzt auch Dänisch sprechen und so noch besser mit den dänischen Spielern reden kann - und es sind immer auch dänische Fans da.« Seine Bachelor-Arbeit hat er bereits bei Blue Hors in Billund geschrieben. Auch aus seinen Erfahrungen dort weiß er: »In Dänemark kennt jeder die SG Flensburg-Handewitt. Das ist in Deutschland nicht überall so. Und das ist natürlich der Hammer.« Unitechnisch fehlt ihm nur noch die ein oder andere Klausur. Und dann? »Ich bleibe auf jeden Fall hier in der Region. Vielleicht werde ich in Dänemark arbeiten. Musik macht mir aber halt auch immernoch sehr viel Spaß und ich bin am überlegen, da auch mehr zu machen«, sagt Marquardt Petersen. Im Februar 2010, Marquardt Petersen war da 13 Jahre alt, besuchte ihn Flensborg Avis zu Hause bei seinen Eltern und Bruder Frederik. Dort auf dem Reiterhof in Sörup lebt er auch heute. »Ich kümere mich gerne um die vier Pferde. das ist ein schöner Ausgleich - es geht nicht besser. Und es ist auch schön für meine Eltern zu wissen, dass ich Lust habe, das weiterzumachen«, erklärt Marquardt Petersen, der dort sein eigenes Tonstudio hat. »An manchen Tagen mache ich nichts anderes als Musik. In letzter Zeit aber war das zu wenig. Erste Priorität hat jetzt, das Studium fertigzumachen«, erklärt Marquardt Petersen. Reiten. Ein bisschen Laufen. Ab und an Tennis. Das ist sein Sport. »Ich habe hier in Sörup kurz Handball gespielt. Da war ich sechs Jahre alt. Das ging ein Jahr. Ich war da nicht so talentiert - ich bin schon eher Trompeter«, sagt Marquardt Petersen und lacht herzhaft.
Adrenalin und Kick
Ob er vor seinen eigenen Auftritten nach zehn Jahren noch aufgeregt ist? »Das Lustige ist, dass ich jetzt mit dem Alter aufgeregter geworden bin. Als Kind war das gar kein Problem. Aber als Erwachsener macht man sich schon mehr Gedanken, was man da macht. Und wenn man das schon so lange macht und auch gut gemacht hat, dann will man ja auch die Erwartungen erfüllen. Und dann kommt auch mal Stress von der Uni hinzu - aber zum Glück ist es schon besser geworden«, sagt Marquardt Petersen. »Nach dem Auftritt ist es halt immer super und die Aufregung vergessen. Und das Adrenalin und der Kick gehören ja auch dazu. Einige machen Bungee-Jumping und sind davor nervös - und ich mach sowas.« Nicht immer verläuft ein Auftritt reibungslos. »Ich bin mal während eines Spiels fast von einer Cheerleaderin umgelaufen worden. Das Kurioseste war wohl, dass das »Achter Mann«-Trikot einmal nicht hochgezogen wurde. Das war letzte oder vorletzte Saison. Da standen wir alle da, die Cheerleaderinnen und ich - und das Trikot kam nicht«, erinnert sich Marquardt Petersen. Der 22-Jährige ist ehrgeizig. Und stolz darauf, dass er bis heute »den Auftritt nie komplett versemmelt« hat, wie er sagt. »Es gibt halt ein paar Mal, wo man hinterher sagt, 'das hätte ich auch schöner spielen können'. Aber es ist halt immer live«, erklärt der SG-Trompeter, der dem Verein auch viel verdankt. »Die SG hat viel damit zu tun, dass ich überhaupt im Fernsehen auftrete und auch das Selbstvertrauen habe. Und dass ich zu dem Menschen geworden bin, der ich bin. Zehn Jahre - das ist fast mein halbes Leben. Ich bin 22 und zehn Jahre davon SG - das formt einen schon, wenn du so oft die Auftritte machst«, sagt Marquardt Petersen. Es seien immer wieder neue Erfahrungen. »Die Vereine kommen aus allen Ländern. Und durch die Musik bin ich durch ganz Europa gekommen und ich bin dadurch so kosmopolitisch aufgewachsen. Das Internationale und die europäische Zusammenarbeit ist sehr wichtig für mich. Ich engagiere mich ja auch politisch (Marquardt Petersen ist für die CDU aktiv, Red.). Und Kulturpolitik und europäische Politik sind meine Hauptthemen. Ich kann da mein musikalisches Verständnis, mein offenes Ohr für Kultur in der Politik mit einbringen«.
FAKTEN Marquardt Petersen
Geboren: am 7. April 1996 in Flensburg.
RESUME
Hver gang SG Flensburg-Handewitt spiller en håndboldkamp hjemme i Flens-Arena, kommer Marquardt Petersen på besøg. Så er han på banen, og spiller et udpluk af Giuseppe Verdis Triumfmarch fra Aida. Det har han nu gjort i ti år. Håndboldklubben og opgaven betyder meget for den 22-årige, der næsten er færdig med sit studium inden for International Management i Sønderborg og Flensborg.