Handball

Pausenloser Einsatz

Thomas Bleicher
14. Februar 2020, 19:50 Uhr

Pausenlos im Einsatz: die SG Flensburg-Handewitt. Archivfoto

Flensburg. Wenn es nach den Verantwortlichen der SG Flensburg-Handewitt geht, würde es zwei Spiele innerhalb von nur drei Tagen nicht geben. Dierk Schmäschke hatte den internationalen Spielplan dahingehend bereits oft scharf kritisiert und wiederholte am Donnerstagabend seinen Standpunkt. »Es muss eine europaweite Regelung geben, dass zwei Spiele innerhalb von nur 72 Stunden nicht mehr stattfinden«, forderte der Geschäftsführer der SG Flensburg-Handewitt. Er weiß jedoch nur zu genau, dass sein Flehen bislang nicht erhört wurde. Ganz im Gegenteil: Genützt hat es nichts. 

»Es gibt zu viele Interessen«, weiß Schmäschke und ist sich ebenfalls dessen bewusst, dass aktuell hauptsächlich nur die deutschen Champions League-Vertreter extrem betroffen sind. Bereits zum sechsten Mal in dieser Spielzeit muss die SG in diesen Tagen die ungeliebte Doppelschicht in drei Tagen schieben. Nach dem 29:27 (16:13)-Heimsieg – dem 35. in Serie – in der Bundesliga gegen den designierten Absteiger HSG Nordhorn-Lingen, gastiert der deutsche Meister bereits am Sonnabend (17.30 Uhr/live Sky) in der Champions League bei Norwegens Titelträger Elverum in Lillehammer. »Wir wollen das auch«, stellt Schmäschke klar und meint damit die Königsklassen-Teilnahme seiner SG. 

»Seit einigen Jahren haben wir auch einen guten Weg gefunden, mit der Belastung umzugehen, aber dennoch muss etwas passieren.« Dem Manager sind vor allem die Reisestrapazen ein Dorn im Auge. Nach nur einer Nacht Schlaf, machte sich die SG am Freitag Vormittag auf den Weg nach Billund. Mit dem Flieger ging es nach Oslo und per Bus weiter nach Lillehammer, den legendären Wintersportort der Olympischen Spiele von 1994. Elverum hat seine Heimspiel in die rund 90 Kilometer entfernte Håkons Hall verlegt, weil die Kapazität dort größer ist. Vor Weihnachten wurde beim Spiel gegen Paris mit 12.377 Besuchern bereits ein neuer Besucherrekord im norwegischen Handball aufgestellt. Dieser soll nun getoppt werden. Die Gastgeber hoffen auf 13.000 Besucher und haben im Vorfeld bereits über 9000 Tickets abgesetzt. Auch einige SG-Fans haben sich auf den Weg nach Norwegen gemacht. Es sind solche Höhepunkte, die es den Flensburger-Akteuren trotz aller Belastung leichter machen, pausenlos im Einsatz zu sein. Trainer Maik Machulla findet die enge Taktung der Spiele dennoch unbefriedigend. »Die Champions League ist der größte Wettbewerb, aber wir kommen oft zu den spielen ohne uns überhaupt vorbereiten zu können. Ich finde das den Spielern gegenüber respektlos.«

Heinl und die 400

Am Freitag nach der Ankunft konnte die Mannschaft zwar noch ein Abschlusstraining absolvieren, das war jedoch vor allem »taktischer Natur«, wie Machulla sagte, der noch in der Nacht auf Freitag mit der Videoanalyse des Gegners begann. Da hatte der Cheftrainer die 60 Minuten gegen Nordhorn noch gar nicht richtig verarbeitet, denn die wirkten durchaus nach. Wie in den ersten drei Pflichtspielen nach der EM, war die SG auch diesmal erfolgreich gewesen, hatte aber keinesfalls geglänzt. Spielerisch hatte der Meister trotz zwischenzeitlich deutlichen Vorsprungs (11:6 und 21:16) eher enttäuscht. Kurz vor Spielende war Nordhorn plötzlich auf ein Tor dran und erst der finale Treffer des ehemaligen HSG-Spielers Holger Glandorf zum 29:27 (59.) ließ die SG jubeln. »Mit den zwei Punkten bin ich zufrieden und auch stolz auf meine Jungs, aber wir müssen den Sieg souveräner einfahren«, sagte Machulla. »Wir haben uns nicht clever angestellt. Wichtig sind die zwei Punkte, aber wir können das viel besser machen und dürfen unsere Führung nicht so herschenken«, zeigte sich auch Glandorf selbstkritisch. Für den Routinier wäre es »in Ordnung«, wenn die Spiele knapp, aber immer zu Gunsten der SG ausfallen. Er warnt jedoch genau wie sein Trainer: »Irgendwann geht es mal nicht gut aus, dann werden wir eingeholt.« Letztlich haben die Flensburger mit dem Sieg nach Pluspunkten zu Spitzenreiter THW Kiel aufgeschlossen und waren am Ende irgendwie auch ein bisschen froh, dass es sofort weitergeht. »Ein zusätzlicher Tag Pause wäre schon schön gewesen«, meinte Anders Zachariassen. »Aber gerade weil es kein schönes Spiel war, ist es gut, dass wir gleich weitermachen.« Da Zachariassen nach seiner Einwechslung zu den Aktivposten im SG-Spiel gehörte, hatte Jacob Heinl in seinem 400. Auftritt für die SG einen relativ kurzen Einsatz und geht ebenso frisch in das Spiel in Elverum wie Glandorf, der lange Zeit von Jens Schöngarth und Michal Jurecki vertreten wurde. Mit einem Sieg in Norwegen hätte die SG das Achtelfinale endgültig erreicht. Helfen sollen dabei vor allem die Nordmänner in den eigenen Reihen. So gab Machulla seinem Keeper Torbjørn Bergerud trotz einer mauen Vorstellung gegen Nordhorn eine Einsatzgarantie. »Er hat bei der EM nachgewiesen was er kann und es dürfte kaum überraschen, dass ich ihn in seiner Heimat anfangen lasse«, so der Trainer. Ebenfalls spielen wird Magnus Jøndal. Das Comeback von Hampus Wanne verzögert sich weiter. Gegen Nordhorn war es angedacht, aber Wanne selber fühlt sich »noch nicht bei 100 Prozent« und reist daher nicht mit. Ebenso wenig die beiden Youngster Mikkel Ebeling und Sören Hartwich, die gegen die HSG erneut im Kader standen. Fehlen werden weiterhin auch Simon Hald, Lasse Svan und Magnus Rød, der nach einigen Tagen Sonderurlaub in seinem Heimatland am Sonnabend wieder zum SG-Tross stößt. 

Ruwen Möller

Statistik

SG Flensburg-Handewitt: Bergerud, Buric – Golla 2, Glandorf 2, Svan n. e., Jeppsson 3, Jøndal 2, Steinhauser 7/3, Heinl, Zachariassen 3, Søgard Johannessen 4, Gottfridsson 3, Hartwich n. e., Schöngarth 2, Ebeling, Jurecki 1 

HSG Nordhorn-Lingen: Ravensbergen, Buhrmester – Verjans, Heiny, Leenders 1, Weber 3/2, Mickal 8, Miedema 7, de Boer, Zare, Vorlicek 7, Seidel, Pöhle 1, Kalafut 
Schiedsrichter: Christian und Fabian vom Dorff 
Zuschauer: 5830 
Siebenmeter: 3/3:4/2 – Weber scheitert zwei Mal an Bergerud) 
Zeitstrafen: 3:3 (Jøndal, Steinhauser, Jurecki – Pöhle, de Boer, Miedema)