Handball

Linkshänder der Zukunft

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Thomas Bleicher
20. September 2019, 11:22 Uhr

Franz Semper wechselt im Sommer 2020 von Leipzig nach Flensburg. Archivfoto

Der Text stammt aus unserem Handball-Magazin vom 29. August.


Franz Semper ist ein weiterer Neuzugang bei der SG Flensburg-Handewitt. Der deutsche Nationalspieler wechselt allerdings erst in einem Jahr an die Förde und wird Nachfolger von Holger Glandorf.

Am Sonntag wird Franz Semper vorerst zum letzten Mal als Gast nach Flensburg kommen. Mit dem SC DHfK Leipzig gastiert er am 6. Spieltag der Bundesliga-Saison 2019/2020 bei der SG Flensburg-Handewitt, wo er ab dem Sommer des neuen Jahres dauerhaft seine Zelte aufschlagen wird. Der deutsche Nationalspieler hat einen Zweijahresvertrag beim amtierenden deutschen Meister unterzeichnet. 
»Für mich kam kein anderer Verein in Frage, um Leipzig zu verlassen. Die SG ist für mich persönlich der nächste Schritt, um im internationalen Wettbewerb Erfahrung zu sammeln und mich somit auch als Nationalspieler weiterzuentwickeln. Das Gesamtpaket, das mir die SG bietet, hat mich überzeugt. Maik (Machulla, SG-Trainer/Red.) setzt auf junge Spieler, das hat für mich perfekt gepasst«, so Semper im Frühling, als sein Wechsel bekannt wurde. Genauer war das am 4. April und SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke war dafür extra nach Leipzig gereist.

Im DHB-Kader

»Franz ist ein Riesen-Talent mit einer großen Perspektive und enormen Potenzial. Nicht umsonst gehört er inzwischen zur DHB-Auswahl. Wir und unsere Fans freuen uns auf einen weiteren jungen deutschen Nationalspieler in unseren Reihen und wir sind sehr glücklich darüber, dass Franz sich für die SG entschieden hat. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei den Verantwortlichen vom SC DHfK Leipzig für die offene Kommunikation bedanken«, so der SG-Geschäftsführer damals.
»Franz Semper war einer meiner absoluten Wunschspieler«, sagte SG-Cheftrainer Maik Machulla, nachdem der Transfer perfekt war. »Wir hatten sehr lange Kontakt und haben uns über Wochen und Monate intensiv ausgetauscht. Dadurch ist die Entscheidung bei Franz gereift, worüber ich sehr froh bin. Er ist ein großes deutsches Talent im Rückraum und es spricht für ihn, dass er seinen nächsten Schritt für seine Karriere hier bei uns in Flensburg gehen möchte. Ich sehe unglaublich viel Potenzial in ihm und bin sehr froh, dass er sich in seinen jungen Jahren dafür entschieden hat diesen Weg zu gehen. Gemeinsam mit Magnus Rød besetzen wir diese Position nach dem Weggang von Holger Glandorf optimal. Mit zwei so unterschiedlichen Spielertypen, gibt das unserem Spiel weitere Möglichkeiten variabler zu agieren.«
Der »ewige Glandorf« hatte vor einem Jahr noch einmal seinen Vertrag bei der SG für die jetzt beginnende Spielzeit verlängert. Zu dem Zeitpunkt stand aber auch bereits fest, dass der beste Bundesliga-Feldtorschütze der Geschichte (2377 Tore) im Sommer 2020 tatsächlich aufhört.
Mit Semper dürfte ein würdiger Nachfolger gefunden worden sein, zumindest wenn man sich die Zahlen der abgelaufenen Spielzeit anschaut. Mit 144 Toren war er viertbester Feldtorschütze der Liga, deutlich vor Glandorf und auch noch vor Rasmus Lauge, dem MVP der Bundesliga. Natürlich ist Semper in Leipzig die klare Nummer eins im rechten Rückraum und teilt sich die Spielzeit nicht etwa wie in Flensburg Rød und Glandorf, aber seine Qualität ist unbestritten.
So wurde er im vergangenen Dezember von seinem früheren Vereinscoach, dem heutigen Bundestrainer Christian Prokop, auch in den WM-Kader nominiert. Dieser hat ihm zum Wechsel der SG gratuliert, schließlich möchte auch Prokop, dass sich seine Schützlinge bei Top-Vereinen weiterentwickeln. Im Januar kam Semper bei der Heim-WM in der Vorrunde bereits zum Einsatz, wurde im weiteren Turnierverlauf allerdings durch Kai Häfner ersetzt. Der war in den vergangenen Jahren auch immer mal wieder mit Flensburg in Verbindung gebracht worden. Am Ende wurde es Semper, der damit eine schöne Linkshänder-Tradition bei der SG fortsetzt. Den Nordlichtern wird und wurde oft vorgeworfen, dass sie nie deutsche Nationalspieler in ihren Reihen haben. Die Position im rechten Rückraum macht da allerdings eine Ausnahme. Steffen Weinhold, Holger Glandorf und ab 2020 also Semper, der bislang elfmal im DHB-Trikot aufgelaufen ist. Er gehört neben SG-Kreisläufer Johannes Golla ohne Zweifel zu der jungen Garde an Spielern, die in den kommenden Jahren noch für Furore im Nationalteam sorgen werden. Wenn es nach ihm geht, auch schon 2020 bei der EM und den Olympischen Spielen (siehe Seite 52/53).
»Mit Weinhold und Häfner gibt es natürlich starke Spieler auf meiner Position, aber es wäre ein Traum, bei den nächsten großen Turnieren dabei zu sein«, so Semper gegenüber unserer Zeitung, als wir ihn in seiner Noch-Heimat in Leipzig besucht haben. Hier in der Stadt ist er eines der bekanntesten Gesichter der DHfK-Handballer. Sein Konterfei prangt auf Litfaßsäulen, Werbeplakaten und er bleibt nicht unerkannt. Dennoch kann er sich in der Metropole frei bewegen. Beides wird auch im handballverrückten Flensburg so sein, für Semper wird es aber eine Umstellung. »Natürlich ist Flensburg deutlich kleiner als Leizpig, aber ich habe gehört, dass es dort auch schön sein soll. Außerdem geht es für mich darum erfolgreich Handball zu spielen und das ist nun mal bei der SG möglich.«

Die Stationen

Im Gespräch wirkt Semper klar, aufgeräumt und zielstrebig. Er weiß was er kann und hat hohe Ambitionen, ist ein selbstbewusster, höflicher und angenehmer Typ. Der gebürtige Bornaer begann seine Karriere in der Jugend des Bornaer Handball Verein 09 und kam im Jahr 2013 zum SC DHfK Leipzig. Dort durchlief der Linkshänder alle Ausbildungsstationen der Leipziger Handball-Akademie und wurde mit einem Zweitspielrecht für den Dessau-Roßlauer HV ausgestattet. Im Alter von gerade einmal 17 Jahren schaffte er den Sprung in den Profi-Kader in Leipzig und stieg unter Trainer Prokop 2015 in die Bundesliga auf. Er wurde 2018 für das Allstar-Spiel nominiert und im Oktober 2018 erhielt Semper seine erste Einladung zur A-Nationalmannschaft. Nachdem er bereits in den DHB-Nachwuchsmannschaften eine tragende Rolle gespielt hatte (30 Junioren-Länderspiele mit WM-Bronze und EM-Silber), durfte Semper schließlich im Januar 2019 als jüngster Spieler im deutschen Team an der Weltmeisterschaft im eigenen Land teilnehmen.


Ruwen Möller