Machulla: »Ich werde jeden Tag mein Bestes geben«

Handball

24. August 2017, 00:01 Uhr

Aus unserer aktuellen Sonderbeilage: der neue SG-Chefcoach Maik Machulla im Gespräch.

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Der neue Cheftrainer der SG Flensburg-Handewitt, Maik Machulla, begeht seine Feuertaufe. Vor dem Saisonstart sprachen wir mit ihm über Skeptiker, Vorstellungen, Wünsche und Ziele.


»Eine professionelle Einstellung zu ihrem Beruf, Leidenschaft zeigen, in jedem Spiel 100 Prozent geben, sich füreinander opfern, Spaß daran haben sich jeden Tag zu verbessern, an die eigenen Grenzen gehen und Erfolg wollen« - das erwartet Maik Machulla von seinen Spielern. Der neue Trainer der SG Flensburg-Handewitt verspricht, dass er ihnen seine Forderungen vorleben wird, damit das nötige Feuer entfacht werden kann, um gemeinsam erfolgreich zu sein.
Machulla hat am 1. Juli die Nachfolge als Cheftrainer seines engen Freundes und langjährigen Wegbegleiters Ljubomir Vranjes angetreten. Der Schwede, der Trainer von Ungarns Nationalteam und dem dortigen Topklub Veszprém wurde, hat ein großes Erbe hinterlassen. Vier Titel holte Vranjes als SG-Trainer, doch davon lässt sich sein früherer Assistent nicht abschrecken.
»Ich habe großen Respekt vor Ljubos Arbeit, vor allem davor, auf welches Niveau er die SG gehoben hat«, so Machulla, der aber auch klarstellt, dass die Vranjes-Ära Vergangenheit ist und er nun ein neues, eigenes Kapitel schreiben möchte.
Am 9. März verkündete die SG, dass Machulla neuer Trainer wird. Die Verpflichtung des Top-Favoriten auf den Trainerposten, Ex-Spielmacher Christian Berge, hatte sich kurz zuvor zerschlagen. Kritiker moserten damals, Machulla sei keine große Lösung und sahen ein großes Risiko in seiner Verpflichtung.
»Sie haben ja recht, ich habe noch keine sechs Jahre Erfahrung als Chefcoach«, sagt Machulla, der bislang als Spielertrainer bei der HSG Nordhorn und dem ASV Hamm-Westfalen sowie als Vranjes-Assistent auf der Bank agiert hat. Der 40-Jährige hält jedoch dagegen: »Es gibt genug Beispiele wo es so war und funktioniert hat«. Dabei denkt er vor allem an seinen Kumpel Vranjes, der bei der SG ebenfalls als Co-Trainer begann.
»Es gibt natürlich auch Negativ-Beispiele wo es nicht geklappt hat, aber davon muss ich mich ebenso frei machen wie von den Kritikern.  

Maik Machulla steht vor seiner ersten Aufgabe als Chefcoach. (Foto: Lars Salomonsen)

Es hilft mir nicht, wenn ich die ganze Zeit rumlaufe und Angst habe ein Spiel zu verlieren oder einen Fehler zu machen. Ich werde jeden Tag mein Bestes geben. Ob es reicht werden wir sehen, aber ich bin bereit mich für die Jungs totzuarbeiten«.
Dabei fühlt er sich keinesfalls als Notnagel. »Als der Trainerposten frei war, musste die SG den Markt sondieren, schließlich hat der Verein eine Verantwortung und vom Profil her hätte Berge bestimmt auch gepasst.« Machulla ist daher umso glücklicher, dass die Wahl am Ende doch auf ihn fiel und seine erste Cheftrainer-Aufgabe bei einem europäischen Topclub liegt. »Ich bin froh, dass ich die Geduld hatte und in den letzten zwei, drei Jahren nicht irgendwo anders zugesagt habe«, erklärt der gebürtige Greifswalder, der durchaus andere Optionen hatte, Chefcoach zu werden. »So werde ich zwar direkt ins Feuer geworfen und muss mich durchkämpfen, aber es ist eine große Chance für mich«, so Machulla der in diesen Tagen das spannende Kribbeln des Neuen spürt und aufsaugt. »Es ist eine super Erfahrung und Herausforderung. Ich freue mich auf diese Möglichkeit und das sind gute Voraussetzungen«, sagt der zweifache Familienvater.
»Der einzige Unterschied zu einem erfahrenen Coach ist wohl der, dass ein solcher diese Situation bereits kennen würde. Aber ich weiß nicht, ob man erst zehn Jahre Trainer sein muss, um die Berechtigung zu haben, als SG-Coach in Frage zu kommen«, so Machulla, der ein »großes Vertrauen vom gesamten Umfeld, von den Fans, vom Beirat, aber vor allem von der Mannschaft« spürt.
Vertrauen ist in seinen Augen extrem wichtig und daher investiert er unheimlich viel in das Thema Vorbereitung. »Ich habe schon nach kurzer Zeit gemerkt, dass man als Coach mehr am Schreibtisch sitzt als in der Halle steht, aber das ist in Ordnung«, so Machulla. »Es ist meine Aufgabe, die Jungs bestmöglich einzustellen, damit sie erfolgreich sind.«

Grundstock bleibt

Machulla will mit der SG angreifen, warnt aber vor zu hohen Erwartungen. (Foto: Tim Riediger)

Dementsprechend sieht er sich auch nicht als ein Übermann der über den Dingen schwebt, sondern als jemand der Teil des großen Ganzen ist. »Der Trainer ist ohne seine Mannschaft gar nichts«, erklärt Machulla. Weiterhin lässt der Übungsleiter wissen, dass er, nur weil er jetzt Chef ist, den Handball nicht neu erfinden kann und will.
»Die Frage ist doch, welche Nutzen man davon hätte alles zu verändern. Man müsste sehr viel Zeit und Arbeit investieren, um was zu erreichen«, so Machulla. »Die Mannschaft hat in der Vergangenheit überragend agiert, mehr ging fast nicht. Vor allem ihre Konstanz war beeindruckend. Unser Grundstock, sprich ein schnelles und variables Angrifss-Spiel sowie eine starke Abwehr mit stabilen Torleuten dahinter, soll bleiben. Für mich geht es daher in erster Linie darum, ein paar neue Reize zu setzen - vor allem mental. Es geht darum, noch ein, zwei Prozent mehr rauszuholen. Dabei ist die Balance zwischen Neuem und Altbewährtem entscheidend, denn eine Handball-Mannschaft und ihre Spielweise ist ein fragiles Konstrukt. Zu viel Neues bringt Unruhe und führt dazu, dass die Jungs das Vertrauen verlieren.«
Das will Machulla natürlich vermeiden und da das SG-Spiel ein sehr komplexes ist, hat er genug damit zu tun, die Neuzugänge wie Simon Jeppsson und Magnus Rød zu integrieren. »Bei Marius (Steinhauser/Red.) merkt man sofort, dass er bereits einige Jahre Bundesliga-Erfahrung hat, die beiden anderen sind noch sehr jung und plötzlich in einem neuen Land und einer neuen Liga, sie benötigen Zeit«, so Machulla, der aber von all seinen Spielern überzeugt ist. »Sie haben absolutes Potenzial«.
Um dies entsprechend Auszuschöpfen hat er neben seinem Co-Trainer Mark Bult mit Michael Döring auch einen Athletiktrainer in seinen Stab geholt. »Andere Sportarten sind uns weit voraus und arbeiten viel mehr mit Experten zusammen. So lange wie ich mich darin wiederfinde möchte ich das auch machen. Und ich bin erstaunt, wie gut die Mannschaft das bisher angenommen hat. Selbst die älteren Spieler sind extrem wissbegierig was das Athletiktraining angeht«, freut sich Machulla darüber, dass eine ganz konkrete Neuerung bereits gefruchtet hat.
»Eine gute Saison wäre es sicherlich, wenn wir uns wieder für die Champions League qualifizieren«, sagt Machulla und hält sich mit konkreten Saisonzielen zurück. Aus gutem Grund. In der Vorsaison wurde das SG-Team als eines der besten jemals eingestuft und von der Konkurrenz mit Vorschusslorbeeren überhäuft. Am Ende war die Saison titellos. Außerdem haben die Nordlichter den notwendigen Umbruch eingeläutet. Mit Anders Eggert ging eine Klub-Legende und junge Spieler wurden geholt. Weitere Schritte in diese Richtung folgen. Star-Keeper Mattias Andersson geht - so ist es geplant - am Saisonende (siehe Seite 24/25). Für ihn wurde bereits der junge Norweger Torbjørn Bergerud (S. 23) als Ersatz verpflichtet. Mit Thomas Mogensen wird ein weiterer Routinier die SG verlassen (S. 34/35) und auch die Abgänge von Kevin Møller (Barcelona) und Kentin Mahé (Veszprém) stehen bereits fest. Bei Jacob Heinl und Henrik Toft Hansen laufen die Verträge aus.
»Ich bin ein Freund davon frühzeitig Klarheit zu schaffen und werde die Spieler offen, ehrlich und transparent informieren wie ich plane«, so Machulla, der sich auf der offiziellen Saison-Eröffnungs-Pressekonferenz der SG kurz vor dem Pokal-Wochenende doch noch etwas ausführlicher zu seinen Zielen äußerte.

Ein Brett

»Tabellenmäßig möchte ich mich nicht festlegen, aber wir haben unsere Ansprüche. Wir wollen jedes Spiel gewinnen und um Titel mitspielen. Jedoch wissen wir auch, wie eng es ist, dass man Glück benötigt und von Verletzungen verschont bleiben muss. Es gilt gut in die Saison zu starten. Wir haben jedenfalls die Truppe, um erfolgreich zu sein und so gehen wir in die Serie«, sagte Machulla, der Respekt vor dem Liga-Start hat.
»Unser Auftakt ist ein Brett. Nach dem Spiel gegen Lübbecke müssen wir nach Hannover, da weiß jeder wie schwer es ist, dann kommt mit den Rhein-Neckar Löwen der Deutsche Meister und gegen den haben wir zuletzt zu Hause immer verloren. Im Anschluss geht es nach Leipzig, ebenfalls ein ambitioniertes Team. Aber ich mag das und finde das Auftaktprogramm gut«, so Machulla.
Ab sofort wird sich zeigen, ob seine Mannschaft die von ihm geforderten Eigenschaften erfolgreich umsetzen kann.


Ruwen Möller

Dansk resume: Machulla er den nye chef

Maik Machulla er navnet på efterfølgeren for Ljubomir Vranjes. Den nye cheftræner i SG Flensburg-Handewitt ved ikke, om han er det rigtige valg. Han håber det og vil yde sit bedste hver evig eneste dag.

Steckbrief

Neue Elemente im Training eingebaut: Maik Machulla. (Foto: Tim Riediger)

Position: Cheftrainer
Geburtstag: 09.01.1977
Geburtsort: Greifswald
Familienstand: verheiratet mit Dorit, zwei Kinder
Nationalität: deutsch
Größe: 1,89 m
Gewicht: 100 kg
Vertrag bis: 30.06.2020
Bisherige Vereine: SC Magdeburg (1991-2001), VfL Hameln (2002), HSG Nordhorn (2002-2010), ASV Hamm-Westfalen (2010-2012)
Größte Erfolge: Deutscher Meister 2001, Champions League-Sieger 2002, 2014
Länderspiele: 12 für Deutschland

Sonderbeilage Handball im Norden

Der Text stammt aus unserer Sonderbeilage Handball im Norden vom 24. Augsut 2017. Das gesamte Magazin gibt es hier.