In Ungarn erlebte er als Nationaltrainer und Coach in Veszprém ein insgesamt verkorkstes Abenteuer. Sein Wechsel zurück in die schwedische Heimat nach Kristianstad wurde als Schritt runter von der großen Handball-Bühne angesehen. Immerhin waren einst Paris und der DHB hinter Vranjes her. Es wurde ruhig um ihn. Bis Mitte Dezember, als er plötzlich in Slowenien als neuer Nationalcoach vorgestellt und mit einem Vertrag bis zum Sommer 2024 ausgestattet wurde. Ein schlauer Schachzug von Vranjes wie sich bei dieser EM zeigt.
Mit den Slowenen hat er ein Team mit großem Potenzial übernommen und ist auf die ganz große Bühne zurückgekehrt. Am Freitag (18 Uhr/live TV2/Livestream sportdeutschland.tv) steht er in seinem Heimatland Schweden im EM-Halbfinale und trifft auf Spanien, wo er als Spieler einst von 1999 bis 2001 bei Granollers aktiv war. Vranjes liebt die spanische Küche und kennt den Handball der Iberer, glaubt aber nicht, dass das ein großer Vorteil ist.
»Ich kenne deren grundsätzliches Spiel, aber es ist lange her, dass ich dort war. Doch jedes Team hat Stärken und Schwächen, wir auch. Technisch und taktisch sind sie sehr gut, aber es ist nur ein Spiel; in einem Spiel ist alles möglich«, so Vranjes am Mittwoch nach der 30:33-Niederlage zum Abschluss der Hauptrunde gegen Norwegen, das im anderen Halbfinale auf Kroatien trifft.
Gerüchteweise heißt es, hatten die Slowenen nichts gegen die Niederlage, da sie so Kroatien aus dem Weg gegangen sind. »Uns war es egal, gegen wen wir spielen. Wir haben uns vorher nicht damit beschäftigt, ob Spanien oder Kroatien der nächste Gegner ist«, entgegnet Vranjes den Spekulationen.
Genau wie Norwegen war auch Slowenien bereits vor dem Gruppenfinale weiter und da die möglichen Gegner bereits fest standen, konnte taktiert werden. Vranjes dazu: »Wir haben lediglich Spieler geschont, damit sie im Halbfinale frisch sind«
Namentlich war das allen voran Superstar Dejan Bombac. Seinen genialen Spielmacher hatte Vranjes bereits im Hauptrundenspiel gegen Ungarn 45 Minuten lang auf der Bank gelassen und dies damit begründet, dass das »Turnier lang« sei. Die Niederlage gegen Ungarn hätte zwar beinahe das Weiterkommen gekostet, doch Slowenien hat mit Miha Zarabec vom THW Kiel noch eine zweiten starken Mittelmann. Und gerade diese beiden Akteure blühen unter Vranjes, einst selber genialer Spielmacher der mit Schweden drei EM-Title holte, auf.
»Wir haben ein sehr offenes Miteinander, eine gute Kommunikation und Atmosphäre im Team«, erzählt Vranjes einen Teil seines Erfolgskonzeptes. Er selber »freue« sich bei der EM zu sein, habe wieder jene »Energie«, die ihm auch am Ende in Flensburg fehlte und er mag nicht zurückblicken.
»Ich habe viel gelernt und bin als Mensch gereift, habe mich als Trainer entwickelt«, sagt er auf die Zeit in Ungarn angesprochen. »Mein Führungsstil ist so wie er ist, ich lasse mich nicht als Person verbiegen. Wichtig ist, dass meine Spieler das akzeptieren, und das tun sie.«
Auf das Final-Wochenende in Stockholm freut sich der 46-Jährige. »Es wird spannend. Wir sind von den vier Teams sicherlich der klare Außenseiter und es ist schon 16 Jahre her, dass Slowenien in einem EM-Halbfinale stand.« Damals war das im eigenen Land und am Ende gab es Silber nach einer Final-Niederlage gegen Deutschland. Diesmal ist es quasi ein Heimspiel für Vranjes, den man nie abschreiben sollte.
Ruwen Möller