Weltmeister zurück im Wohnzimmer

Fußball

24.05.2018

Die DFB-Elf ist voller Optimismus in Südtirol angekommen – T-Frage steht im Mittelpunkt des Trainingslagers in Eppan.
Girlan. Sami Khedira kam alleine. Im Privatjet, mit zwei Piloten. Dann folgte eine Austrian Airlines-Maschine, Partnergesellschaft von Lufthansa, mit einem Teil der Mannschaft, abgeflogen in Frankfurt. Um 12.20 Uhr hat das Trainingslager des DFB 2018 gestern mit der Ankunft am Bozner Flughafen„richtig“ begonnen. Mit Landeshauptmann Arno Kompatscher als prominenten Begrüßungsgast.
Bundestrainer Jochim Löw hielt noch auf dem Rollfeld einen kurzen Plausch mit Kompatscher, dahinter flachsten die Nationalspieler um Marco Reus und Mesut Özil, als sie zum pechschwarzen DFB-Bus schritten. Der frischgebackene italienische Pokalsieger Sami Khedira war da bereits im Flughafen-Gebäude und schrieb Autogramme für die rund 50 Kinder und ihre Eltern, die das Fan-Empfangskomitee bildeten. Der Mittelfeld-Mann von Juventus Turin hatte von allen aus dem DFB-Team die kürzeste Anreise und zeigte sich ebenso optimistisch wie seine Teamkollegen, von denen allerdings wie geplant noch nicht alle da sind. Die Bayern-München-Profis Mats Hummels, Joshua Kimmich, Jérôme Boateng, Niklas Süle und Thomas Müller werden ebenso wie Torwart Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona und Antonio Rüdiger vom FC Chelsea erst morgen anreisen. Toni Kroos wird erst nach dem Champions-League-Finale mit Real Madrid gegen den FC Liverpool (am Samstag, 26. Mai) im Laufe der nächsten Woche in die WM-Vorbereitung einsteigen. 

Das Nationalteam bleibt bis am 7. Juni in Südtirol. Auf dem Programm steht am Samstag, 2. Juni ein Test in Klagenfurt gegen Österreich und 2 interne Trainingsspiele gegen die U20-Auswahl des DFB (beide in Rungg). Am 12. Juni geht es dann zum WM-Turnier nach Russland.
„Das Ziel ist klar. Wir wollen als amtierender Weltmeister den Titel verteidigen“, sagte Oliver Bierhoff im „Weinegg“. Der Teammanager bestätigte in Italien, wo er von 1991 bis 2003 den Großteil seiner Karriere verbracht hat, was der Bundestrainer zum Thema Manuel Neuer verlauten ließ: „Jogi (Löw) hat es ja schon gesagt, dass er nur einen 100 Prozent fitten Manuel Neuer mitnehmen wird.“ Ob der Kapitän rechtzeitig zum Turnier bei 100 Prozent ankommt, dürfte die interessanteste Frage des Trainingsaufenthalts in Südtirol sein. Wie es um die Fitness des Torhüters, der nach seinem Mittelfußbruch seit 8 Monaten ohne Spielpraxis ist, steht, war gestern noch nicht zu erfahren. Die erste Einheit gestern um 17.45 Uhr war nur ein leichter Aufgalopp. Nach einer 20-minütigen Aufwärmphase im Fitnesszelt ging es bei regenfreien Bedingungen anschließend auf den Platz.
Ruwen Möller

Das Rauschen im Blätterwald hat längst begonnen

Noch bevor die DFB-Elf überhaupt in Südtirol angekommen war, bestimmte sie die Schlagzeilen in der Heimat und vor Ort. Verschiedene Medien im Überblick.

Girlan (ruw). Die Mannschaft saß am Mittwoch Vormittag noch im Flieger Richtung Bozen, als im Pressezentrum auf der hochmodernen Anlage des FC Südtirol das bunte Treiben im Pressezentrum bereits begann. Während die ersten der rund 220 Kollegen eintrafen, wurden die letzten Vorbereitungen in den großen weißen Zelten getroffen. Der Arbeitsbereich der Medien wurde mit Smartphone-Ladestationen ausgestattet, Hinweis-Schilder angebracht und Akkreditierungen an die Journalisten ausgehändigt.
Während der Weltmeister noch kein einziges Mal gegen den Ball getreten und keine Schweißperle vergossen hatte, waren die ersten Geschichten in den heimischen und lokalen Zeitungen natürlich bereits tags zuvor verfasst worden.
Die großen Themen in den Dienstags-Ausgaben waren die Anreise an sich und dass die „Mission Titelverteidigung beginnt“. In Deutschland hat der freischaffende Journalist Oliver Wurm ein ganzes Hochglanzmagazin mit diesem Namen herausgegeben. Der „kicker“ und die „Sport-Bild“ sind ebenfalls mit Sonderheften zur WM in Russland am Start.
Der Boulevard, allen voran die „Bild“-Zeitung, stellte vor allem die 14.900-Einwohner-Gemeinde Eppan, in dem das Team wohnt, vor. Das 5-Sterne-Hotel „Weinegg“ wurde ausführlich präsentiert und als gutes Omen angepriesen, dass die DFB-Elf bald genauso viele Auszeichnungen auf dem Trikot hat.
Was viele Zeitungen in den Mittelpunkt ihre Berichterstattung rückten, war, dass Südtirol immerhin schon zum 4. Mal als Trainingslager für den DFB dient – 2 Mal (1990 und 2014) sprang anschließend ja der Titel heraus.
Ansonsten waren vor der ersten Trainingseinheit am gestrigen Mittwochabend Jerome Boateng und Manuel Neuer die großen Themen: Welche Entscheidungen wird Bundestrainer Joachim Löw hinsichtlich Torwartfrage und Kaderreduzierung in den kommenden Tagen treffen?
Die „tz“ wusste zu berichten, dass Boateng „grünes Licht für die WM“ gibt und die „Bild“-Zeitung machte mit der Headline auf: „In diesem Dorf entscheidet sich, ob Neuer zur WM darf.“ Der Kapitän fährt dem Artikel nach nur als topfit, sprich als Nummer 1, nach Russland.
Was noch? Das „Überetscher Gemeindeblatt“ titelte: „Die Deutschen kommen“. In der heutigen, stets politisch korrekten Zeit, auch oder gerade im Sport, zumindest mal eine unglückliche Zeile. Bleibt zu hoffen, dass sich niemand auf den berühmten Schlips getreten fühlt, Stichwort Trikotgate. Diese Geschichte soll laut Ilkay Gündogan, wie die „tz“ berichtete, „abgehakt sein“. Der Nationalspieler sagte dem Münchener Blatt: „Es soll endlich wieder um das gehen, was wir am besten können: Fußball! Und nicht mehr um Politik.“
In diesem Sinne. Die Weltmeisterschaft wird erst in 21 Tagen eröffnet, dass große Rauschen im Blätterwald hat aber längst begonnen.