Dierk Schmäschke wies die Vorwürfe seinerzeit vehement zurück. Der Geschäftsführer der SG sagte: »Das Bild, das man von der Frauenrolle hat, bestimmen Frauen auch selbst. Wir sind die letzten, die Frauen irgendwie in eine Ecke drängen und deswegen eine Sexismusdebatte lostreten wollen.«
Die Wischerinnen selber teilten dem Fernsehsender seinerzeit per Mail mit: »Wir lieben Handball und sind durch unseren Job mittendrin im Geschehen. Keiner zwingt uns, diesen Job zu machen. In die Auswahl und Gestaltung unseres Outfits werden wir eingebunden. Die sportliche Bekleidung, welche wir tragen, tragen wir gerne und fühlen uns darin wohl.«
Dennoch reagierte der Sponsor gemeinsam mit der SG. Suchte im Sommer über die sozialen Medien nach Wischern. »Ausgeschrieben auf Facebook und Twitter war die Resonanz auf die Beiträge zwar beeindruckend groß, die Zahl der Bewerber aber umso überschaubarer«, hieß es in einer sowohl vom Sponsor als auch dem Verein verschickten Pressemitteilung.
Seit Saisonbeginn sind drei männliche Wischer im Einsatz. »Zum ersten Mal in der Bundesliga-Geschichte der SG Flensburg-Handewitt stehen jetzt regelmäßig auch Männer auf der Platte. Gemeint sind natürlich nicht die Spieler, sondern die Wischer, die sich um die Sauberkeit des Hallenbodens im Spielverlauf kümmern«, so heißt es in der Presseerklärung auch.
Auch Marlene Langholz-Kaiser hat sich nun noch einmal zu dem Thema geäußert und unsere Redaktion schriftlich mitgeteilt, was sie davon hält: »Grundsätzlich begrüße ich es, dass nun auch wischende Männer auf der Spielfläche sind. Zumindest wird nun nicht mehr eine klassische Rollenverteilung suggeriert und damit die Annahme, dass es sich um eine geschlechtsbezogene Arbeitsteilung handelt. Trotzdem sind die Wischerinnen weitaus körperbetonter bekleidet als ihre männlichen Kollegen und ihre Darstellung ist - vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Sponsor um ein Erotikunternehmen handelt - noch immer sexualisiert. Aus gleichstellungspolitischer Sicht finde ich das noch immer nicht richtig und hätte mir gewünscht, dass die Körper der Frauen nicht als Werbeflächen herhalten müssen. Es ist trotzdem positiv, dass die Sexismus-Diskussion auf Resonanz gestoßen ist und zumindest ein Stück weit etwas bewirkt hat.«
Das alte Rollenverständnis mit aufbrechen
Insgesamt besteht das Team der WischerInnen beim deutschen Handballmeister SG Flensburg-Handewitt aus zehn Personen. Sieben Frauen und drei Männer. Einer von ihnen ist der 25-jährige Luca Sprick, der Energie- und Umweltmanagement in der Fördestadt studiert. Da er ursprünglich aus Hamburg stammt, schlägt sein Handballherz für den HSV, in der Bundesliga drückt er jedoch der SG die Daumen. Selber hat er in Hamburg und beim DHK Flensborg aktiv gespielt, bis ihn eine Verletzung stoppte. Seit dieser Saison ist er als Wischer bei den Bundesliga-Heimspielen der SG im Einsatz. Wir haben mit ihm gesprochen.
Flensborg Avis: Luca, wie sind Sie auf die SG und den Job als Wischer aufmerksam geworden?
Luca Sprick:Ich habe mitbekommen, dass eine Seximusdebatte von einer Zeitung losgetreten wurde. Und habe direkt im Anschluss über Freunde berichtet bekommen, dass Orion und die SG über die sozialen Medien Wischer suchte.
Warum wollten Sie den Job als Wischer machen? Ich dachte mir schon während meiner Besuche in der Halle, warum da nur Mädels von Orion gesponsert den Boden wischen. Das spiegelt ja fast satirisch die alten Geschlechterrollen wider und ich bin kein Verfechter dieses Rollenbildes. Da dachte ich mir, dass ich ein Teil davon sein kann, der das alte Rollenverständnis aufbricht. Außerdem kann ich direkt vom Spielfeldrand der besten Mannschaft aus Deutschland zusehen und bekomme sogar Geld dafür.
Einer der Kritikpunkt in der Debatte ist, das Orion Sponsor der WischerInnen ist und diese leicht bekleidet ihren Job ausführen - was sagen Sie dazu? Die Wischerinnen können auch ein anderes Outfit tragen. Sie haben die Wahl und deswegen soll jede/r das machen, was er/sie selbst für richtig hält.
Wie sieht es bei Ihnen zu Hause aus, sauber, wird täglich gewischt? Täglich nicht, aber ich muss zugeben, dass ich ein sauberer Mensch bin. Seit meinem Nebenjob bin ich auf jeden Fall in meiner WG regelmäßiger dran als vorher, um die Wischmuskulatur trainiert zu halten.
Wie viel bekommen Sie vom Spiel mit - was trauen Sie der SG in dieser Saison zu? Obwohl es am Anfang einen kleinen Patzer gegen Wetzlar gab, traue ich der SG wieder die Meisterschaft zu. In der Champions League sollten sie bestimmt das Viertelfinale erreichen, mal sehen wie weit es danach noch geht.
Ruwen Möller