»Der Schmerz ist sehr groß. Die cleverere Mannschaft waren die Franzosen, das müssen wir anerkennen«, sagte Bundestrainer Christian Prokop. »Wir haben uns durch Dummheiten um die Bronzemedaille gebracht«, kommentierte Torwart Andreas Wolff. Was er meinte, war der letzte Angriff seines Teams. Bei noch 12 Sekunden auf der Uhr bekam Matthias Musche den Ball. Statt das Spiel ruhig zu machen, startete er einen Konter. Ein letzter Pass an den am Kreis mitgeeilten Hendrik Pekeler kam nicht an und Frankreich hatte noch fünf Sekunden lang Ballbesitz. Nikola Karabatic, nach einer Fußverletzung erst während des Turniers eingestiegen und sichtlich nicht in der Form früherer Tage, bekam das Spielgerät und war nicht mehr zu halten. Mit der letzten Sekunde traf er zum Sieg. Der Olympiadritte Deutschland erkämpfte sich bis zur Pause eine 13:9-Führung. Der Europameister von 2016 musste aber zu Beginn der zweiten Hälfte ordentlich einstecken. Erst sah Patrick Wiencek vom THW Kiel nach dem 14:14 (38.) die Rote Karte (dritte Zeitstrafe, 39.) und dann erzielte Frankreich auch noch die 15:14-Führung. Es war insgesamt ein hektisches Spiel und in dieser Phase verlor das DHB-Team immer mehr den Kopf. Vorne Fehlpass von Kai Häfner, Gegentor und als dann auch noch Kentin Mahé erhöhte, hieß es 16:18. Prokop nahm eine Auszeit. Steffen Weinhold kam ins Spiel und seine Farben blieben dran. Fabian Böhm erwischte Nikola Karabatic heftig in einem Zweikampf und Uwe Gensheimer nahm den gewonnenen Ball auf. Der Kapitän erzielte das 19:19 (50.). Die deutsche Abwehr packte nun zu. Lemke ballte die Faust und streckte sie bei jeder gelungenen Aktion zur Siegerpose in die Luft. Es war Dampf drin für die Endphase. Mahé, Frankreichs bester Torschütze heute und im gesamten Turnier, erzielte das 21:20. Weinhold kurz darauf den 23:23-Ausgleich. Frankreich hielt nun aber ständig die Führung. Der eingewechselte Silvio Heinevetter mit einer Parade gegen Luc Abalo, doch die Unparteiischen entschieden auf Siebenmeter und Zeitstrafe gegen Uwe Gensheimer, der in der Sekunde zuvor gegen Abalo nicht aufgepasst hatte. Mahé bedankte sich mit dem 25:24 (59.). Auf der anderen Seite verwandelte Matthias Musche zum 25:25 (60.). In den Sekunden danach ereignete sich das besagte Drama. »Wir haben eigentlich eine tolle WM gespielt«, sagte Gensheimer und ergänzte: »Wir haben ein großes Turnier gespielt. Wir haben alles gegeben und können uns keinen Vorwurf machen.« Unterm Strich bleibt in der Tat stehen, dass Deutschland sich nach der katastrophalen EM vor einem Jahr wieder unter die Top vier der Welt gemischt hat. Dabei wurde die Sportart Handball einer nie dagewesenen breiten Öffentlichkeit auf sympathische Art und Weise näher gebracht. Wie viel vom sportlichen Erfolg der Heimvorteil ausgemacht hat, wird sich erst in Zukunft zeigen. Beim nächsten Turnier wird auch überprüft, ob die neue Harmonie zwischen Prokop und der Mannschaft hält, und die Leistungen auf, sowie neben dem Feld den gewünschten Nachhaltigkeits-Test bestehen
Ruwen Möller
Deutschland - Frankreich 25:26 (13:9)
Deutschland: Heinevetter, Wolff - Gensheimer 7, Lemke, Wiencek 2, Suton, Wiede 2, Pekeler 1, Weinhold 1, Fäth 2, Groetzki 1, Häfner, Musche 1, Böhm 1, Kohlbacher 3, Drux 4
Frankreich: Dumoulin, Gerard . Remili 2, Lagarde, Richardson 2, Mem 2, N. Karabatic 2, Mahe 7, Grebille, N'Guessan 3, Abalo 3, Giogou 1, L. Karabatic, Fabregas 3, DiPanda, Porte 1
Zeitstraffe: 6:4
Rote Karte: Patrick Wiencek (Deutschland)
Siebenmeter: 1/2:2/3
Schiedsrichter: Santos, Fonseca (Portugal)