Handball

Kapitän Karlsson ist an Land gegangen

Handball Abschied

11.08.2019

Flensburg. Zehn Jahre lang spielte Tobias Karlsson für die SG Flensburg-Handewitt und dabei war immer Verlass auf ihn. Sowohl auf seine Taten auf dem Spielfeld als auch auf sein Wort. Daher war es auch eine Selbstverständlichkeit, dass der Schwede am Sonnabend bei seinem Abschiedsspiel sein Versprechen einlöste und eine Rede hielt. 
Diese hatte er nach seinem letzten Bundesliga-Heimauftritt im Mai angekündigt. »Uh«, Karlsson musste erst einmal schwer schlucken, als ihm am Sonnabend nach der Partie zwischen seinen Allstars und der SG das Mikrofon überreicht wurde. Beide Teams standen Spalier, seine Frau Martina saß mit Karlsson in der Mitte der abgedunkelten Arena auf einem Liegestuhl. Eingerahmt waren die beiden von der Meisterschale und der Champions-League-Trophäe. »Liebe Fans, liebe Freunde, liebe SG-Familie« - weiter kam Karlsson nicht. Jubel brandete auf und seine Stimme war zittrig. Die ersten Tränen hatte er sogar schon beim Einlauf in den Augen gehabt, und auch jetzt waren sie wieder da. Der 38-Jährige bedankte sich zunächst dafür, dass so viele Menschen zu seinem Abschied erschienen waren. »Ihr seid etwas Besonderes und das zeichnet euch aus«. Karlsson zeigte sich »ewig dankbar« und gestand, dass es ihm schwerfalle, »alles auszudrücken, was er sagen möchte.« Er ließ das Publikum an einem persönlichen Rückblick seiner Zeit in Flensburg teilhaben. Er bedankte sich beim ehemaligen SG-Trainer Ljubomir Vranjes mit den Worten: »Danke, dass du an mich geglaubt und zur SG gebracht hast.« Karlsson bedankte sich bei seiner Frau Martina und sagte: »ohne dich wäre das alles nicht möglich gewesen.« Zum Abschluss seines emotionalen Vortrags sagte er: »In zehn Jahren bei SG hat sich ein zweites zu Hause entwickelt. Bei euch fühle ich mich wohl, bei euch bin ich willkommen. Im Namen meiner ganzen Familie und aus ganzem Herzen sage ich danke und tschüss.« Bevor Karlsson seine Ehrenrunde in der Arena drehte, gab es noch eine musikalische Einlage. Der Sänger Vince Bahrdt hat mit »Tobbe unvergleich« extra ein Lied zu Ehren des langjährigen SG-Spielführers produziert. Zuvor hatten die Karlsson bereits zwei Koffer mit Erinnerungsgeschenken der SG bekommen. Zudem war der Schwede wie angekündigt in die Hall of Fame aufgenommen worden. Die bisherigen Mitglieder Lars Christiansen, Jacob Heinl, Anders Eggert und Thomas Mogensen (lediglich Jan Holpert konnte nicht anwesend sein) enthüllten ein überdimensionales Banner von Karlsson. Dessen Tag hatte bereits mit unzähligen Danksagungen von ehemaligen Weggefährten über die sozialen Medien begonnen. Nahezu jeder Spieler und Trainer der einst mit Karlsson aktiv war, postete ein Bild mit ihm und dazugehörigem Text im Internet. So schrieb beispielsweise Mattias Andersson auf Instagram: »One last time together captain! It´s always been an honor!« (Ein letztes Mal gemeinsam, Kapitän! Es war mir immer eine Ehre!).

Rote Karte und Party

Der ehemalige Keeper der SG gehörte zu dem illustren Kreis an Akteuren, die Karlsson für sein Allstar-Team versammelt hatte. Ljubomir Vranjes, Lars Kaufmann, Tamas Mocsai, Ahmed Elahmar, Patrik Fahlhren, Oscar Carlén, Johan Jakobsson, Anders Eggert, Thomas Mogensen, Rasmus Lauge und Kentin Mahé waren aus gemeinsamen Flensburger Tagen dabei. Doch auch klangvolle Namen wie Staffan Olsson und Kim Andersson waren eingeladen. Die beiden Ex-Kieler ernteten noch nie so viel Beifall in der »Hölle Nord«, wie an diesem Tag. Alle Beteiligten hatten sich etwas Besonderes für dieses Spiel überlegt. Die Allstars spielten in grauen Trikots, auf denen die Rückennummern in Regenbogenfarben schimmerten. Dazu trug Karlsson seine berühmte Regenbogenfarbende-Kapitänsbinde. Bei seinem letzten Auftritt wollte er wie schon so oft für Vielfalt und Gleichheit in der Gesellschaft eintreten. Die SG-Fans hatten zu ihrem Lieblingslied »Deutscher Handballmeister SGW« noch eine zweite Strophe gedichtet. Die ging so: »Deutscher Vizemeister THW«. Mogensen fand es lustig und selbst Kim Andersson musste schmunzeln. Der hatte beim betreten der Kabine noch gesagt: »Hier habe ich noch nie verloren«. Tat er diesmal allerdings, den bei allem Spaß gab es auch ein Endergebnis. Es lautete 39:31 für die SG, doch das war lediglich eine Randnotiz. Viel wichtiger waren die diversen Gesten und Showeinlagen. So überreichte Lasse Svan seinem Vorgänger im Kapitänsamt noch vor der Pause etwas Hochprozentiges: einen eigenst für Karlsson angefertigen Gin, auf dem der Konterfei des Schweden zu sehen war. Es gab nicht nur eine Flasche, sondern so viele, dass die Grenzbeamten in Schweden Karlsson definitiv nicht ohne weiteres einreisen lassen werden. Daher verschenkte Karlsson einige Flaschen an die Allstars und auf der Feier am Abend im Genusswerk soll auch die ein oder andere davon probiert worden sein. Im Rahmen seiner Familie, Freunde und Handball-Wegbegleiter ließ Karlsson den Abend mit einer Party ausklingen. Das Spiel endet für Karlsson, der zum besten Spieler gewählt wurde und mit sieben Toren gemeinsam mit Svan und Anders Zachariassen bester Torschütze war, wenige Sekunden vor dem regulären Abpfiff. Die Unparteiischen Marcus Helbig und Lars Geipel zückten aus dem Nichts die Rote Karte. Die Aktion gehörte natürlich zum Drehbuch, denn Karlsson nutzte die Gelegenheit, um die Kapitänsbinde an seinen Nachfolger Svan zu übergeben. Einmal mehr gab es unbändigen Jubel an diesem Tag. Danach verließ Kapitän Karlsson für immer und endgültig die hohe Handballsee als Spieler und ging an Land. Hier wird er sich nun seiner Familie und ab Ende des Monats seinem neuen Job in der freien Wirtschaft widmen. Ab Februar kehrt er dann als Teammanager der schwedischen Nationalmannschaft zu seinem geliebten Sport zurück.
Ruwen Möller rm@fla.de 
Tobias´ Allstars:M. Andersson, Åström, Ekman - K. Andersson, Mocsai, Eggert, Fahlgren, Mogensen, Olsson, Mahé, Svensson, Vranjes, Johannesson, Jakobsson, Heinl, Lauge, Kaufmann, Doder, Nilsson, Elahmar,Trainer: Oscar Calén, Martin Schmidt Physiotherapeuten: Jesper Lindgren, Carolin Weidner Betreuer: Bosse Nilsson Schiedsrichter: Lars Geipel/Marcus Helbig Zuschauer: 6300 (ausverkauft)