Hier spielt die Musik

Gespräch

14.09.2016

Im Gespräch mit dem Hallensprecher der SG Flensburg-Handewitt, Michael »Holzi« Holst und Andreas Fahnert, Santiano-Mitglied und Komponist der SG-Hymne.
Flensburg. Die epische Sinfonie Richard Strauss’ beim Einlaufen der Spieler in die Halle, die Schlachtgesänge der Fans, die SG-Songs als Anheizer vor dem Spiel: ohne Musik wäre die »Hölle Nord« nicht die »Hölle Nord«, die sie ist.
Einen nicht unwesentlichen Teil hierzu trägt Michael »Holzi« Holst bei. Bereits seit 2002 bringt er die Flens-Arena als Hallensprecher und DJ bereits zum Kochen. Obwohl er selber seine Rolle etwas herunterspielt. »Die Sache hat drei Dimensionen: die Mannschaft, die Fans und ich. Nur wenn alle drei zusammenspielen, funktioniert es auch mit der Stimmung«, erklärt er. 
Stimmung machen um jeden Preis gibt es daher bei ihm nicht. »Manchmal entwickelt sich eine eigene Dynamik in der Halle, dann steige ich entweder mit ein, oder ich halte mich bewusst zurück. Wenn die Stimmung dann wieder kippt, initiiere ich wieder etwas«, erklärt der DJ. Aber auch hier müsse er Fingerspitzengefühl beweisen, könne nicht einen x-beliebigen Hit spielen, erklärt er. Es komme immer darauf an, ob die SG führt oder zurückliegt, welche Spielminute es ist, ob sich zuvor vielleicht einer der Spieler verletzt hat oder ähnliches, sagt Holst.

In Sekundenschnelle

Genauso wichtig wie die »Anheizer« sind die individuellen Spieler-Songs, die gespielt werden, sobald ein Flensburger ein Tor wirft oder der SG-Torwart ein Gegentor verhindert. Im Bruchteil einer Sekunde knallt dann der Tor-Song durch die Boxen der Halle, wird eins mit dem Torjubel der 6000 Fans in der Halle und verstummt kurz darauf wieder, bis das nächste Tor geworfen oder der nächste Ball gehalten wird.
Um im richtigen Moment blitzschnell reagieren zu können, benutzen Holst und seine Mitarbeiterinnen ein Keyboard, das bei jedem Spiel vor ihnen steht. Jedem der Spieler wurde hierfür eine Taste zugeordnet, auf der das entsprechende Lied gespeichert ist, jeweils mit Namen und Rückennummer des individuellen Spielers versehen.
Die Hälfte der 61 Tasten des Keyboards ist hierfür reserviert, auf den restlichen Tasten liegen die übrigen Songs.
Besonders zu den langjährigen SG-Spielern gehören die Lieder mittlerweile genauso wie ihre Rückennummern. Bon Jovis »It’s my Life« bei einer von Mattias Anderssons Paraden ist dabei genauso markant, wie der spanisch/portugiesische Reggaeton-Hit »Danza Kuduro« nach einem Tor von Thomas Mogensen oder Scooters »Maria (I like it loud)« wenn Holger Glandorf einnetzt.
»Johnny Jensen und »TNT« zum Beispiel, das hat wie die Faust aufs Auge gepasst. Das wird auch nicht wieder benutzt, für keinen anderen Spieler«, betont Holst. So konnte »Holzi« Holst bisher jedem Spieler den passenden Song zuordnen, viele überlassen auch dem DJ die Entscheidung. »Ich habe einen Deal mit den Spielern: Wenn sie sich einen Song aussuchen wollen, müssen sie dafür im nächsten Spiel zwei Tore mehr werfen«, scherzt Holst.
Zwei der bekanntesten Songs die bei jedem Heimspiel durch die Flens-Arena schallen, stammen allerdings nicht aus der Feder von Jon Bon Jovi oder Scooters H.P. Baxxter, sondern aus der des Flensburgers Andreas Fahnert. 1993, schon lange bevor Fahnert mit seiner Band Santiano die deutschen Charts stürmte und seine Lieder durch Kinofilme wie »Werner - das muss kesseln« Bekanntheit erlangten, komponierte er die erste offizielle Hymne der SG Flensburg-Handewitt. Das Santiano-Mitglied produzierte den SG-Song gemeinsam mit Benito Battiston für einen Wettbewerb der Wochenschau, die Chöre wurden mit SG-Fans im Studio aufgenommen, das Ambiente und die Hintergrundgeräusche während eines Spiels in der Fördehalle.

Gehört dazu

Mit rockigen Shanty-Melodien, eingängigen Riffs und einer ordentlichen Dosis Handball-Lokalpatriotismus, zündete der Song sofort, erinnert sich Fahnert.
»Ein Fan-Song muss sofort funktionieren und direkt mitgefeiert werden. Den zweiten Refrain müssen bereits alle mitsingen können, selbst wenn sie das Lied noch nie zuvor gehört haben«, erklärt der Musiker und Produzent. Er hat funktioniert und ist seit über 20 Jahren nicht mehr wegzudenken aus der Fan-Routine vor den Spielen.
Seit damals wird die SG-Hymne vor jedem Heimspiel angestimmt, zunächst in Förde- und Wikinghalle, später in der Flens-Arena.
Auch bei der Einweihung eben dieser, damals noch Campushalle, als neue Spielstätte der SG, kam dem Song eine besondere Bedeutung zu. Zunächst inszenierte Fahnert eine Version des Songs mit einem Kinderchor, anschließend interpretierte er das Lied neu und spielte ihn mit einem Streichorchester neu ein. »Irgendwann ging das Stück über in ein Techno-Lied, während mehrere Scheinwerfer ins Publikum strahlten, denn das Publikum spielte ja an dem Abend die Hauptrolle. Das war ein Gänsehautmoment«, erinnert sich der Musiker. »Mit den Songs habe ich den Fans glaube ich ins Herz getroffen und das geben sie auch wieder zurück«, sagt Fahnert. Es folgten Abschiedslieder für SG-Legenden wie Jan Holpert und Lars Christiansen, ein Meisterschaftslied, als die SG 2004 endlich die begehrte Schale nach Flensburg holte und 2009 mit »Hier regiert Flensburg-Handewitt« eine weiteren Fan-Hymne aus der Feder des Flensburgers.
»Mir war gar nicht bewusst, dass ich so viele SG-Songs gemacht habe, jetzt wo ich darüber nachdenke« lacht Fahnert. Und wer weiß, vielleicht kommt sein SG-Meister-Song ja in dieser Saison abermals zum Einsatz.
Lennart Adam

Hör dir den SG- Soundtrack Jetzt auf Spotify an!

Wir haben für euch die Spieler-Songs von Mogensen & Co. als Playlist bei Spotify zusammengestellt.

Der Text stammt aus unserem Handball-Magazin "Handball im Norden"