Frostige Zeiten für Fußballer

Fußball

23.02.2018

Flensburg. Vorweg: Für das Wetter kann niemand etwas.  Dennoch: Es ist ein leidiges Thema und wiederholt sich jedes Jahr. In den hiesigen Breitengraden fallen zwischen Oktober und März gefühlt alle Fußball-Spiele in den Amateur-Ligen aus.  In der Regionalliga begann der SC Weiche Flensburg 08 Anfang Januar mit dem Training und hat am Donnerstag die sechste Spielabsage in diesem Jahr hinnehmen müssen. DGF Flensborg in der Kreisliga hat seit Anfang Oktober (!) kein Pflichtspiel mehr bestritten. Die Folge: Terminstress ab März bis Ende Mai. In der schönsten Fußall-Zeit, im Juni und die meiste Zeit im Juli wird dagegen nie Fußball gespielt. Daher hat unsere Redaktion versucht, die Situation zu beleuchten und nach Lösungsansätzen gesucht. Wir wollten von Trainern wissen (am Freitag), wie sie die Lage einschätzen, wie sie damit umgehen, wie sich die vielen Spielabsagen und die ellenlange Vorbereitung auf die Stimmung auswirken, und ob Teams mit Kunstrasenplätzen im Vorteil sind. Zudem haben wir mit Thomas Kaiser, dem Spielleiter der Verbandsligen Nord und Süd, über das Thema gesprochen.

Sönke Wittorf, Trainer von DGF Flensborg (Kreisliga):

»Wir stellen uns am Wochenende auf alles ein. Sollten wir nicht in Rödemis spielen (mittlerweile ist das Spiel abgesagt), ist ein Vorbereitungsspiel in Fockbek geplant. Da weiß man aber auch nicht, ob das was wird. Ich halte die Situation für kritisch, weil man nicht auf den Start hinplanen kann. 4. März ist Rückrundenstart heißt es: das aber ist - wenn man sich die vergangenen Jahre anguckt - eher unwahrscheinlich. Ich weiß nicht, ob man dann noch Nachholspiele reinbauen muss. So muss man immer in zwei Richtungen planen. Das ist anstrengend und kostet Energie. Ich kann andererseits aber auch die Terminplan-Verantwortlichen verstehen, die die Spiele durchziehen müssen. Und auf einer gefroreren Koppel zu spielen, damit tut man sich ja auch keinen Gefallen. Die Jungs arbeiten gut im Training, sind heiß, wollen aber auch loslegen. Letztlich ist jedem klar, dass es momentan eher nicht geht. Deshalb weichen wir immer wieder nach Dänemark aus, etwa nach Rødekro oder Gråsten, weil dort Kunstrasenplätze zum Trainieren oder für Testspiele sind. Wir haben auch eine Box-Sparte im Verein, mit der wir eng zusammenarbeiten, gehen mal auf die Straße oder machen Einheiten beim »Cross Fit«. Für taktische Dinge brauchst du aber einen Platz - und das kommt zu kurz. Es wäre natürlich schön, wenn wir selbst einen Kunstrasenplatz hätten. Man darf aber auch nicht vergessen: ein Kunstrasen ist nicht das Gleiche wie ein Rasenplatz. Das Problem zu lösen ist auch nicht so einfach. Man müsste die kalte Jahreszeit ausklammern und Alternativen finden. Es müsste klar sein, dass von November bis Anfang März kein Fußball gespielt werden kann. Man könnte zum Beispiel zu Beginn der Saison einige Englische Wochen einplanen. Ich persönlich finde, dass man das im dänischen Amateurfußball gut löst.

Uwe Petersen, Trainer von Frisia 03 Risum-Lindholm (Oberliga):

Bei Heimspielen ist die Terminplanung keine Belastung. Wir haben unseren Kunstrasenplatz und werden auch am Wochenende gegen Kiel spielen. Anders sieht es bei Auswärtsspielen aus. Da planen wir möglichst vor und bestreiten gegebenenfalls ein Test- bzw. Freundschaftsspiel. Das klappt zwar nicht immer, aber oft. Optimal wäre, wenn man länger im Mai und sogar noch in den Juni hinein spielt. Denn so wie der Plan jetzt ist, ist die Saison bereits am 20. Mai zuende. Da könnte man hintenraus in den Sommer verlängern. Das wäre am sinnvollsten, gerade auch, weil viele Vereine nicht die Möglichkeit eines Kunstrasenplatzes haben.

Henning Natusch, Trainer SC Weiche Flensburg 08 III (Verbandsliga):

Wenn man nach dem Kalenderjahr spielen will, müsste die Umstellung weltweit passieren. In Russland und Skandinavien macht man es bereits, doch es ist nicht so einfach. In den höheren Ligen würde es gehen, aber was ist mit den weiterführenden Spielklassen? Bei uns gibt es seit Jahren Schnee und Eis eher im Februar und März und dann wundern sich immer noch alle, dass die Spiele ausfallen. Wir haben diesmal erst spät mit der Vorbereitung begonnen und sind damit gut gefahren. Im Januar haben wir ein bisschen was gemacht, weil Hallenturniere anstanden. Überwiegend waren wir in der Halle, dort lässt sich auch gut trainieren. Wenn ich jedoch zu unserer Liga schaue, die trainiert seit Anfang Januar und hat nun die sechste Absage bekommen. Da geht die Motivation sicherlich irgendwann in den Keller. Wir wussten, dass unser erstes Spiel für den 24. Februar in Satrup angesetzt ist. Nun wurde das Spiel am Freitag abgesagt, aber damit können wir leben. Viel mehr wundert es mich, dass noch ein Nachholspiel am vergangenen Mittwoch angesetzt worden war (gegen SIF, wurde ebenfalls abgesagt,/Red., wir berichteten). Zudem wundert es mich stets, dass zu Saisonbeginn in den Englischen Wochen - die ich generell begrüße - an einem Mittwochabend Spiele von uns beispielsweise in Heide und nicht ein Derby bei Stjernen angesetzt wird. Wer sich ein bisschen mit Fußball beschäftigt, sollte da mehr Fingerspitzengefühl zeigen. Vielleicht tut sich ja grundlegend etwas, wenn die WM 2022 im Dezember gespielt wird, dann könnte der Spielplan angepasst werden.

Finn Petersen, Trainer von Slesvig IF (Verbandsliga):

In Deutschland orientiert man sich immer an den höchsten Spielklassen und will, etwa zu einer WM, durch sein. Es reicht aber eigentlch ein Blick über die Grenzen: In Dänemark wird von März bis Oktober gespielt. Das würde in Deutschland auch gehen. Im Grunde ist die Situation hier jedes Jahr das gleiche. Hier in Schleswig sind wir zudem noch mehr gebeutelt als anderswo, da wir was Kunstrasen anbelangt, nicht so gesegnet sind wie andere. Meine Mannschaft geht mit der Situation aber sehr positiv um. Wir versuchen, das Vorbereitungsprogramm abwechslungsreich zu gestalten, das heißt wir gehen mal in die Halle, hatten ein Trainingslager mit Kunstrasen, dann wieder Training auf Naturrasen so gut es geht. Die Vorbereitung - in unserem Fall seit Anfang Januar - ist enorm lang, einen Spielrhythmus findest du nicht. Es wird Zeit, dass bald gespielt wird.Das Spiel von SIF am Sonnabend gegen Niebüll wurde am Vormittag abgesagt.

Thomas Kaiser, Spielleiter der Verbandsligen Nord und Süd:

Eine 100-prozentige Zufriedenheit werden wir nie bekommen. Aber theoretisch könnte man die Saison nach dem Kalenderjahr spielen lassen (aktuell wird von Juli bis Mai gespielt/Red.). Für eine solche Änderung bedarf es allerdings eine Satzungsänderung und das ist nicht so einfach. Es wäre ein langer Prozess in den auch der DFB, die UEFA und am Ende die FIFA mit eingebunden werden müssten. Zunächst einmal ist zu sagen, dass die Satzung eine Ruhepause von sechs Wochen zwischen zwei Spielzeiten vorsieht. Unmittelbar nach diesen sechs Wochen beginnen wir stets mit der nächsten Saison mit Pokalspielen oder Spielen im Flens-Cup. Ich sehe vor allem darin eine Möglichkeit, dass wir den Heimspielrechttausch nicht wie bislang als Kann-Paragraphen führen, sprich es den Vereinen überlassen, ob sie tauschen oder nicht, sondern, dass dies ein Pflicht-Paragraph wird. So könnten in der Schlechtwetter-Phase, von der wir in Nordfriesland, Flensburg und Schleswig mehr betroffen sind als der Kieler und Lübecker Raum, wo es mehr Kunstrasenplätze gibt, mehr Spiele getauscht und durchgeführt werden. Es könnte sogar dahin gehen, dass ein Team gegen den selben Gegner zwei Heimspiele hat, doch das müsste noch grundsätzlich geregelt werden. In dieser Saison gab es Anfang der Spielzeit nur eine Englische Woche, weil wir mit dem Reformationstag einen zusätzlichen Feiertag und somit Nachholspieltag zur Verfügung hatten. Auf Grund des schlechten Wetters ist der uns genau wie der 3. Oktober aber als Nachholtermin um die Ohren geflogen. In der nächsten Saison werden wir sicherlich wieder mehr Englische Wochen im August haben und hoffentlich dauerhaft einen zusätzlichen Feiertag in Schleswig-Holstein, an dem wir Nachholspiele ansetzen können. 
Ruwen Möller und Marc Reese