Schwere Entscheidung
Die Entscheidung ist ihm dementsprechend schwer gefallen. Warum er sie trotzdem gefällt hat?
»Ich spiele meine elfte Saison für Flensburg, habe in den letzten Jahren viele Stunden auf der deutschen Autobahn verbracht und viel Zeit in Hotels. Und irgendwann beschäftigen und belasten dich diese Dinge mehr als die Spiele selbst. Dann merkst du, es ist Zeit für eine Veränderung«, erzählt er.
Und in der Tat hat kaum eine Liga einen derart vollgestopften Spielplan, wie die deutsche Bundesliga. Ein Problem, das nicht nur von Mogensens Ex-Trainer Ljubomir Vranjes des öfteren kritisiert wurde. Zum normalen Bundesligaalltag kamen für die Flensburger in den letzten Jahren noch rund zwanzig Spiele in der Champions League, dazu die Pokalspiele und etwaige Freundschafts- und Testspiele.
»Das Feld unter den Spitzenteams ist außerdem sehr eng. Du kannst immer verlieren, aber zwei Spiele sind vielleicht schon ausschlaggebend, um die Meisterschaft nicht zu gewinnen. Dieser Druck, diese Belastung und dieses Gefühl, dass du jedes zweite Spiel die Befürchtung hast, dass du noch nicht wieder auf 100 Prozent bist, aber trotzdem spielen musst, ist über die Jahre schwerer und schwerer wegzubekommen. Denn der Körper braucht von Jahr zu Jahr immer mehr Zeit, um zu regenerieren. Mit 25 spielst du, und am nächsten Tag geht es weiter. Jetzt spielt man und nach einem harten Spiel hat man zwei Tage an denen man fast nicht gehen kann. Und dann kommt auch schon der nächste Gegner. Und irgendwann besteht das Leben nur noch aus Spielen und Reisen. Der Turnus wird dabei so schnell, dass man irgendwann gar nicht mehr differenzieren kann. Man funktioniert nur noch. Ich habe mich daher in den letzten Jahren immer öfter hingesetzt und mich gefragt: Ist das wirklich das, was ich möchte?«, erzählt Mogensen.
Mehr Zeit für Familie
Einer der wichtigsten Faktoren für die Entscheidung des Spielmachers war allerdings seine Familie.
»Mein Vertrag in Flensburg läuft 2018 aus, daher habe ich mich mit meiner Familie vor der Saison zusammengesetzt und besprochen, was wir für unsere Zukunft wollen und was das beste für die Familie ist. Denn wenn es neben dem Spielfeld nicht stimmt, dann kann ich auch auf dem Feld nicht meine beste Leistung abgeben. Als Papa, als Familienvater, als Mann, war es daher Zeit für eine Umstrukturierung«, sagt der Däne.
Besonders die durch Sky diktierte neue Spielordnung mit festen Bundesligaspielen am Donnerstag und Sonntag habe ihn hierbei vor neue Probleme gestellt.
»Meine Kinder fangen jetzt mit der Schule an. Da werden die Wochenenden umso wichtiger. Der neue Spielplan und die Sonntagsspiele, die für Sky eingeführt wurden, zerstören dabei alles für eine Familie. Das heißt: Training am Samstag, Spiel am Sonntag. Dafür habe ich dann vielleicht Montag frei, aber davon habe ich nichts, denn meine Kinder haben neben der Schule noch Sport, Ballet oder andere Hobbys, die Zeit kosten. Das will ich nicht mehr. Ich will immer noch eine Motivation haben, Handball zu spielen«, erklärt Mogensen.
Gesamtpaket stimmt
Diese hat er in Dänemark gefunden. Auch die sportlichen Ambitionen stimmen für ihn hier.
»Ich brauchte Veränderung, war aber auch nicht bereit aufzuhören. Als dann die Möglichkeit kam, noch drei Jahre in Dänemark zu spielen, musste ich zugreifen, auch für meine Familie«, erzählt Mogensen.
Was danach passiert, kann er noch nicht sagen.
»Das sind noch vier Jahre, dann bin ich auch nicht mehr der Jüngste. Ich gehe davon aus, dass danach Schluss sein wird. Aber was die Zukunft wirklich bringen wird, kann man nie sagen. Ich habe schließlich auch nicht gedacht, dass ich wieder nach Dänemark gehen werde«, sagt der Routinier.
Obwohl der Druck für den Mittelmann in Dänemark abnehmen wird, hat er nicht vor, sich zurückzulehnen.
»Ich gehe nicht dort hin, um drei weitere Jahre Geld zu verdienen. Ich brauche immer noch das Wettbewerbsgefühl, das Gefühl, dass es um etwas geht. Ich glaube auf jeden Fall, dass wir um nationale Titel mitspielen werden und werde mein bestes tun, dass wir diese auch erreichen. Bei den internationalen Turnieren müssen wir abwarten«, sagt Mogensen.
Er hofft, in seiner neuen Mannschaft die Chance zu bekommen, auch außerhalb des Handballfelds Verantwortung zu übernehmen, seine Erfahrungen aus elf Jahren Bundesliga an die jungen Spieler weiterzugeben und diese mit zu entwickeln und die Mannschaft so zu formen.
Flensburg bleibt Zuhause
Thomas Mogensens sportliches Zuhause wird also ab dem nächsten Jahr in Dänemark sein, sein festes Zuhause wird allerdings in Flensburg bleiben.
»Wir werden in Handewitt wohnen bleiben. Wir lieben diese Region und wir fühlen uns zuhause. Unser Leben hier ist optimal in vielen Punkten, nur in diesen paar wichtigen nicht, die mich jetzt nach Dänemark ziehen«, sagt er.
Irgendwie wird er also auch der SG Flensburg-Handewitt erhalten bleiben.
»Wenn wir in Skjern Samstag spielen, werde ich am Sonntag mit meinen Kindern um 12.30 Uhr in der Campushalle sein«, da ist sich Thomas Mogensen sicher.
Doch all dies ist Zukunftsmusik. Nun zählt erstmal seine letzte Saison an der Förde.
Die Entscheidung habe ihm auch hierfür mehr innere Ruhe gegeben. Ruhe, um sich zu fokussieren. »Die SG ist und bleibt mein Verein, nur nicht mehr als Spieler. Ich werde die letzte Saison genießen und bis zur letzten Sekunde alles für Flensburg geben, da braucht keiner Angst zu haben«, sagt Mogensen.
Aus Respekt vor seinem Team, hat Mogensen daher den Verein rechtzeitig über seinen Entschluss informiert.
»Maik (Machulla) und Dierk (Schmäschke) haben meine Beweggründe verstanden und akzeptiert aber sie waren trotzdem sehr enttäuscht. Sie haben mir viele schöne Dinge gesagt, das hat mich sehr berührt und es nicht unbedingt leichter gemacht. Aber es reicht nicht mehr aus. Für meinen eigenen Alltag brauche ich etwas anderes. Aber sie haben gemerkt, dass ich es nicht wegen des Geldes, oder irgendwelcher Titel mache, sondern wegen anderer Sachen. Und diese können sie mir nicht bieten. Auch das beste Angebot hätte mich daher nicht halten können. Und so hat nun Maik ein Jahr Zeit, um zu planen, welche Rolle ich spielen soll und wie die Zukunft aussehen kann«, erzählt Mogensen.
Ewiger Zweiter?
Seinen Abschied von der SG Flensburg-Handewitt will der immer noch torgefährliche Rückraumspieler natürlich mit einem Titel feiern. Dass dies in der letzten Saison nicht geklappt hat, schmerzt noch immer.
»Es tut weh, wenn drei Titelmöglichkeiten in 14 Tagen platzen. Aber das muss man abhaken. Es wird so oft über Flensburg als »ewiger Zweiten« gesprochen, aber das wird der Mannschaft nicht gerecht. Wir spielen immer konstant oben mit, trotzdem bekommt man solche negativen Kommentare. Andere würden alles dafür geben, ein Pokalfinale zu spielen und wir haben dies nun sieben Jahre in Folge gemacht. Dieses Gefühl des »ewigen Zweiten« muss man wegbekommen, das bringt keinem was. Wir haben einen neuen Trainer, neue Motivation und wir werden wieder versuchen Titel zu gewinnen. Die Vorraussetzungen dafür sind da, wir haben immer noch eine gute Mannschaft mit talentierten jungen und eingespielten, erfahrenen Spielern. Aber es hat nicht immer etwas mit Können zu tun, sondern immer auch etwas mit Glück. Und ich hoffe, dass es diese Saison mal auf unserer Seite ist«, sagt Mogensen.
Lennart Adam