Selbstkritisch und zuversichtlich

Handball

20. April 2018, 11:26 Uhr

Tobias Karlsson verletzte sich gegen Montpellier und fand klare Worte zum Ergebnis - sein Blick ging jedoch sofort in Richtung Rückspiel. (Foto: Martin Ziemer)

Im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League trennte sich die SG Flensburg-Handewitt 28:28-Remis von Montpellier. Es ist weiterhin alles offen und die Entscheidung fällt erst in neun Tagen. Anders Zachariassen und Tobias Karlsson werden Freitag untersucht.

Flensburg. »Keine guten Noten«, so Rasmus Lauge auf die Frage, wie er die Leistung und das Ergebnis seiner SG Flensburg-Handewitt im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Montpellier HB bewerten würde. Der dänische Nationalspieler gehörte zu der Fraktion, die sich über das 28:28 (17:15) vor eigenem Publikum mehr ärgerte, als das sie dem Ergebnis etwas Positives abgewinnen konnte.
»Es ist zu früh, um zu sagen, ob man über dieses Ergebnis enttäuscht sein soll oder nicht«, fand Tobias Karls­son. Der Kapitän der SG blickt auf der Pressekonferenz nach der Partie sofort voraus, auf das Rückspiel am 29. April (19 Uhr/live Sky) im Süden Frankreichs.
»Es ist erst Halbzeit und wir haben noch 60 Minuten. Wir können noch viel verbessern und haben jetzt viel Zeit um das zu tun. Ich schaue daher nach vorne. Es wird hart, dass wissen wir aus früheren Spielen in Montpellier, aber so ist es halt im Viertelfinale der Champions League.«

Während die Flensburger mit der ersten Halbzeit zufrieden waren und eher mit ihrer Leistung aus Durchgang zwei haderten, war es bei den Gästen genau umgekehrt.
»In der ersten Hälfte haben wir ein gutes Tempo im Spiel gehabt, im zweiten Durchgang ist es Montpellier leider gelungen dieses aus unserem Spiel herauszunehmen«, so Lauge frustriert.
»Es war eine gute erste Halbzeit«, so Maik Machulla. Der SG-Cheftrainer weiter: »Es war das erwartete schwere, aber insgesamt sehr gute Spiel. Zwei klasse Teams mit guten Abwehrreihen haben sich gemessen. Wir haben gute Entscheidungen bei unseren Kontern getroffen. In der zweiten Halbzeit mussten wir immer lange in der Abwehr stehen und kamen nicht mehr zu sehr vielen Tempogegenstößen. Ich bin schon etwas enttäuscht, aber jetzt gilt es Fokus auf das zweite Spiel zu haben. Es ist erst Halbzeit und wir müssen weiter kämpfen.« Wie so oft in dieser Saison war wieder einmal die Chancenverwertung das große Manko der SG. Ein Siebenmeter, Holztreffer, insgesamt mehr als eine Handvoll ausgelassener freier Torchancen führten dazu, dass die Hausherren sich hinterher doch ein wenig mehr ärgerten als optimistisch an das Rückspiel zu denken.

Zwei Verletzte

Einer war besonders selbstkritisch: Olympiasieger Lasse Svan.
»Das war nicht gut genug«, so der dänische Nationalspieler, der damit seine eigene Leistung meinte. Mit fünf Treffern war er neben Landsmann Lauge und dem Schweden Hampus Wanne zwar bester Torschütze seines Teams, er hatte jedoch auch fünf Würfe vergeben und somit eine Quote von 50 Prozent. »Ich ärgere mich am meisten selbst, dass ich ausgerechnet heute keinen guten Tag hatte.« Der Rechtsaußen ist jedoch zuversichtlich, dass die SG noch zulegen kann. So sieht es auch Machulla. »Montpellier war stark und hat uns clever und lange in der eigenen Abwehr beschäftigt, aber wir können noch eine Schippe drauflegen«, so der Übungsleiter, der ebenfalls Selbstkritik übte und ehrlich eingestand, dass auch er etwas gelernt hatte. Es ging um die letzte nicht genommene Auszeit in der letzten Minute. Beim Stande von 28:28 verloren die Gäste den Ball im Angriff und Machulla hätte noch einmal die grüne Karte legen können. Er tat das nicht und sowohl die Zuschauer als scheinbar auch einige seiner Spieler wunderten sich, blickten zur Bank.
»Montpellier hatte kurz davor Timeout genommen und ich habe angesagt, was wir spielen, wenn wir nochmal in Ballbesitz kommen. Ich hatte das Gefühl die Jungs wissen was zu tun ist und wollte das Spiel nicht erneut unterbrechen. Im Nachhinein ärgere ich mich und nehme das auf meine Kappe«, so der Coach, der wie alle anderen hofft, dass die SG nicht wie vor zwei Jahren wegen eines Treffers ausscheidet. Damals gab es im ersten Viertelfinale auch ein 28:28 und zwar gegen Kielce. In Poeln verlor Flensburg 28:29 und schied aus.
»Ich glaube nicht das es an diesem einen Tor liegen wird«, so Svan, der eine andere Parallele heranzieht.
»Damals sind wir innerhalb weniger Tage in der Champions League ausgeschieden und haben sowohl den Pokal als auch die Meisterschaft verspielt. Dies könnte jetzt Montpellier passieren. Ich glaube also, sie stehen etwas mehr unter Druck als wir.«
Die Franzosen unterlagen vor wenigen Tagen im Pokal-Halbfinale gegen Nimes. Der Angstgegner kommt am Sonnabend ans Mittelmeer und dort muss MHB die Tabellenführung in der Liga verteidigen.
Machulla sieht die Ausgangslage ähnlich: »Im Rückspiel sind sie nun leichter Favorit. Sie können mehr verlieren als wir, weil sie gefühlt schon ein Bein in Köln haben.«
Apropos Bein: Nach einem Zusammenprall verletzten sich mit Anders Zachariassen und Karlsson zwei SG-Spieler gleichzeitig. Während Zachariassen (Schien- und Wadenbein) raus musste, konnte Karlsson (Knie) weitermachen. Beide werden am Freitag eingehend untersucht. Machulla hofft, dass er beide im Rückspiel beim entscheidenden Kampf um das Final Four in der Domstadt (26./27. Mai) dabei hat.

Ruwen Möller